Es ist die erste Ausstellung in der Schweiz, die ihr Hauptaugenmerk auf Katharina Grosses Atelierarbeiten legt. An den grossformatigen und farbgewaltigen Gemälden von den späten 1980er-Jahren bis heute wird deutlich, welch wichtige Rolle die Arbeiten auf Leinwand im gesamten Schaffen der Künstlerin spielen.
Katharina Grosses Ausstellung im Kunstmuseum Bern bietet ein sinnliches Farbenspiel
- Publiziert am 13. Februar 2023
Die grossangelegte Überblicksschau zeigt 43 Gemälde aus allen Schaffensphasen der deutschen Künstlerin sowie drei neue raumfüllende Arbeiten.
«Für mich ist Farbe so wichtig, weil sie sofort eine Resonanz erzeugt. Bevor du es bewusst merkst, reagierst du instinktiv darauf, wie wenn in einer Theateraufführung oder einem Konzert eine Stimme dich anrührt, bevor du die Worte oder den Liedtext verstehst.»
Katharina Grosse
Atelierarbeiten als neue Perspektive
Bereits während ihres Studiums an der Kunstakademie Düsseldorf von 1986 bis 1990 schuf Katharina Grosse (*1961) ihre ersten Atelierarbeiten. Auf der Basis dieser Werke gelang der deutschen Künstlerin in den 1990er-Jahren ein Durchbruch: In der Kunsthalle Bern im Jahr 1998 schuf sie ihre allererste gesprayte Malereiintervention – eine Arbeitsweise, für die sie heute international bekannt ist. Mit den drei grossformatigen Fotodrucken auf Stoff zeigt die Ausstellung im Kunstmuseum Bern nach 25 Jahren wiederum eine ortsspezifische Installation und beleuchtet Grosses Schaffen aus der Perspektive ihrer Atelierarbeiten neu.
Wiederholungen, Revisionen, Neufindungen
Analog zu Grosses künstlerischem Prozess ist die Ausstellung in zwei thematische Kapitel gegliedert, in
denen sich Gemälde aus unterschiedlichen Schaffensphasen gegenüberstehen. Im ersten Kapitel «Returns, Revisions, Inventions» (Wiederholungen, Revisionen, Neufindungen) wird der künstlerische Prozess in seinen Wiederholungen und Neuerfindungen offengelegt. Durch das Nebeneinander von Gemälden aus unterschiedlichen Jahrzehnten wird sichtbar, wie Katharina Grosse auf vorangegangene Momente in ihrem eigenen Werk zurückgreift und diese mit neuen Erfindungen weiterentwickelt. Farben, Formen sowie Materialien und Arbeitsweisen tauchen auf, kehren wieder und verwandeln sich. So experimentiert Grosse etwa am Verlauf einer Linie, sei sie nun mit dem Pinsel gemalt, mit der Sprühdüse gesprayt oder beides zugleich. Das zweite Kapitel «Fissures and Ruptures» (Risse und Brüche) weitet diesen Ansatz aus und widmet sich Erfindungen, die mit herkömmlichen Vorstellungen der Malerei brechen. Seit 1998 malt Grosse nicht nur mit Pinseln, sondern auch mit langarmigen, industrielle Spraygeräten, mit denen sie – ohne physischen Kontakt zur Oberfläche – über die Ränder der Leinwand hinweg in den Raum malen kann. In den 2010er-Jahren begann sie zudem, ihren Malprozess mit Schablonen aufzubrechen. Durch den Einsatz von Karton, Atelierabfall und malereifremden Materialien wie Häufchen von Erde deckt sie Teile des Gemäldes ab und verunklärt so die Beziehungen zwischen Vorder- und Hintergrund im Bild. Einen radikalen Höhepunkt erreichte diese Herangehensweise im Jahr 2020, als sie anfing, ihre Gemälde aufzuschlitzen und auf diese Weise die Wand hinter der Leinwand zu einem Teil des Bildes zu machen.
(Text: Kunstmuseum Bern)