Malerin, Bildhauerin, Textilgestalterin, Architektin und Tänzerin der Avantgarde – Sophie Taeuber-Arp (1889–1943) war eine Pionierin der abstrakten Kunst. Sie verwob die Experimentierfreude der Dadaisten in Zürich, der Künstlerkreise in Paris, denen sie angehörte, und ihre eigenen kunsthandwerklichen Tätigkeiten ineinander. Eine Ausstellung in der Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden widmet sich ihren jungen Jahren in Trogen.
Ein Trogener Mädchen, das weltberühmt wurde
Sophie Taeuber-Arp wuchs in Appenzell Ausserrhoden auf, das Handwerk ihrer Jugend prägte sie auch als Künstlerin.
Die Anfänge einer Textilreformerin
Die Kabinettausstellung befasst sich mit Sophie Taeubers frühem textilem Schaffen, das von der Ostschweizer Stickerei- und Spitzenindustrie ausgeht. Sie gibt Einblicke in ihre Kindheit in Trogen, ihre Ausbildung zur Textilentwerferin an der neu gegründeten Stauffacher-Schule und der Zeichnungsschule für Industrie und Gewerbe in St. Gallen, ihre Studien an deutschen Reformschulen, den Lehr- und Versuch-Ateliers für angewandte und freie Kunst in München und der Kunstgewerbeschule in Hamburg, sowie ihre Zeit als Lehrerin für Entwerfen und Sticken an der kunstgewerblichen Abteilung der Gewerbeschule Zürich. Im Zentrum stehen neu entdeckte Entwürfe für die Klöppelheimarbeit im Berner Oberland und die Ostschweizer Textilindustrie: Sophie Taeuber unterstützte 1915 das erfolgreiche gemeinnützige Projekt «Klöppelindustrie», das Alice Frey-Amsler, ihre Lehrkollegin an der Gewerbeschule Zürich, initiiert hatte, um Frauen im Lauterbrunnental durch die Erneuerung der lokalen Spitzentradition eine Einkunft zu ermöglichen. 1921 beteiligte sie sich am «Wettbewerb für eine neuartige Weissstickerei» des Entwerfervereins St. Gallen.
Inspiriert von der Tradition
Ausserdem veranschaulicht die Ausstellung avantgardistische Entwurfsverfahren der Künstlerin. Diese zeigen sich von historischen Textilien inspiriert, die Sophie Taeuber als Schülerin am Industrie- und Gewerbemuseum St. Gallen studieren konnte. Ausgehend von ihrer textilen Praxis fand sie 1915 unmittelbarer und radikaler zu vertikal-horizontalen Kompositionen als ihre Künstlerkollegen. Gleichzeitig entwickelte sie eine abstrahierte Typologie der figürlichen Welt, mit der sie in modularem Verfahren Flächenkompositionen baute. Die von der Kunstgewerbereform als Antwort auf Historismus und Industrialisierung geforderte Materialgerechtigkeit bewirkte, dass die Textilkunst in den 1910er Jahren konsequenter zu abstrakten Formen fand als die Malerei.
Sophies Familie
Ihre Mutter Sophie Taeuber-Krüsi (1854–1908) stammt aus einer Apothekerfamilie in Heiden AR. Nach der Heirat mit Emil Taeuber 1882 lebte sie in Davos. Das Ehepaar führte neben der Apotheke auch ein Weisswarengeschäft. Fünf Kinder kamen zur Welt: Paul (1883), Erika (1884), Ernst (1886), Hans (1887) und Sophie (1889). Ernst starb als Kleinkind und Paul 1901 auf seiner ersten Segelschifffahrt als Hamburger Seemannsschüler in Brasilien an Gelbfieber. Nach dem frühen Tod von Emil Taeuber übersiedelte die Mutter Sophie Taeuber-Krüsi 1895 mit den Kindern nach Trogen. Hier führte eine ihrer Schwestern, Mathilde Krüsi, mit ihrem Mann, dem Arzt Hans Zellweger, im Sonnenhof am Landsgemeindeplatz 11 die Zellweger’sche Kinderkuranstalt. Hans vermietete seiner Schwägerin die «Solitude» an der Altstätterstrasse 9, ein kleines Wohnhaus. Sechs Jahre später bezog die alleinerziehende Mutter mit Erika, Hans und Sophie die von ihr entworfene «Villa Taeuber» an der Altstätterstrasse 3.
(Textgrundlage: Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden)