Werner Bischof (1916–1954) hat die Geschichte des Fotojournalismus massgebend mitgeprägt. Sein Name steht für humanitäres Engagement und moralische Integrität, aber auch für die unermüdliche Suche nach Schönheit und gestalterischer Perfektion. «Werner Bischof – Unseen Colour» umfasst neben dem erstmals gezeigten Devin Tri-Color-Bestand auch Farbbilder, die Werner Bischof mit der Rolleiflex und der Leica aufnahm, die meisten davon bisher unbekannt.
Die Fotostiftung Schweiz zeigt bisher unbekannte Fotografien von Werner Bischof
- Publiziert am 21. August 2023
Ein neu entdeckter Archivbestand bringt Farbfotografien des Schweizer Magnum-Fotografen zum Vorschein.
«Mag sein, dass die Art der Farbfotos, die ich im Sinn habe, nicht dem Geschmack der Editoren entsprechen, – nicht ‹sweet› genug sind. Aber ich kann nicht und werde es nicht tun, – mich dem Geschmack der Editoren zu unterwerfen. Ich bleibe in meinem Herzen immer ein Maler, der an den Dingen vorbei in Farben sieht, der sich immer begeistern lässt von der Fülle und dem Reichtum menschlicher Ausdrucksmöglichkeiten und der immer ein wenig wehmütig die Begrenzung der Kamera sieht.»
Werner Bischofs in einem Brief an seinen Freund Robert Capa, 1952
Werner Bischof in Farbe
Die Bilder des Schweizer Magnum-Fotograf Werner Bischof (1916–1954) über das im Krieg zerstörte Europa, die Hungersnot in der indischen Provinz Bihar, die zivilen Opfer des Koreakriegs oder das zwischen Tradition und Moderne zerrissene Japan gingen um die Welt. Neben einzelnen Ikonen hat sich seine eindringliche Schwarz-Weiss-Ästhetik eingeprägt. Dass Bischof während seiner ganzen Karriere auch farbige Bilder schuf, wurde zwar in einzelnen Ausstellungen und Publikationen schon thematisiert, doch blieb dieser Teil seines Schaffens weitgehend unerforscht. Die Ausstellung «Werner Bischof – Unseen Colour» möchte dies nachholen. Grundlage dafür ist ein neu entdeckter Archivbestand, der von Marco Bischof, dem Sohn des Fotografen und Tania Kuhn, nun erstmals erschlossen und zugänglich gemacht wird: Es handelt sich um einige Hundert Glasnegative, die Werner Bischof ab 1939 mit der Devin Tri-Color Kamera aufgenommen hatte. Diese Kamera ermöglicht es, drei lichtempfindliche Glasplatten auf einmal zu belichten. Mit Hilfe von Farbfiltern werden damit drei verschiedene Farbauszüge aufgenommen (Rot, Grün, Blau), die bei der Reproduktion auf Papier übereinander gedruckt wieder zu einer Farbabbildung werden.
Experimente in Farbe
Die Entwicklung der Farbfotografie ist eng verbunden mit dem Aufschwung der Werbe-, Mode- und Druckindustrie ab den späten 1930er-Jahren. Lange Zeit wurde sie allerdings von künstlerisch ambitionierten Fotoschaffenden kaum ernst genommen. Werner Bischof hatte keine Berührungsängste: Schon 1939 experimentierte er im Studio mit der Farbe und setzte sie als eigenständiges Ausdrucksmittel ein. Die rasch fortschreitende Kameratechnik und die Innovationen bei der Herstellung von Farbfilmen kamen ihm entgegen: Nach der schwerfälligen Devin Tri-Color-Kamera benutzte er den technisch raffinierten Rolleiflex-Apparat, später immer häufiger auch die handliche Leica, um farbige Bilder zu produzieren – jeweils parallel zur Schwarzweiss-Fotografie. Gerade im Bereich der Reportage war dies keineswegs selbstverständlich, denn viele Presseerzeugnisse waren gar nicht in der Lage, Farbaufnahmen zu drucken, ausserdem war der Vierfarbendruck noch sehr teuer.
Die Ausstellung
In den drei Hauptkapiteln werden die Fotografien den drei verschiedenen Kameratypen zugeordnet. Übergreifend wird aber auch die künstlerische Entwicklung sichtbar: Wer den Weg des Fotografen von den späten 1930er-Jahren bis zu seinem Tod 1954 verfolgt, kann erkennen, dass sich Werner Bischof aus eigenem Antrieb und genuin gestalterischem Interesse mit der Farbfotografie auseinandersetzte. Dabei gelang es ihm, die Farbe immer subtiler und virtuoser in seine Arbeit zu integrieren. Während bei den frühen Studioaufnahmen das Experiment im Vordergrund stand, ist die Farbe in den späteren Aufnahmen ein bewusst eingesetztes Stilmittel: sei es, dass sie ein zwingendes Element der Bildidee ist, sei es, dass sie zur emotionalen Kraft einer Komposition beiträgt. Neben den dokumentarischen Aspekten gewinnt auch die malerisch-lyrische Abstraktion zunehmend an Bedeutung.
(Textgrundlage: Fotostiftung Schweiz)