Wie ist das Museum entstanden und die Sammlung gewachsen? Durch neue Fragen, zeitgenössische Themen und künstlerische Perspektiven wird die Sammlung auf eine neue Art beleuchtet. Die über fünf Jahrhunderte umfassende Werkpräsentation setzt sich mit der Einzigartigkeit des Museums in St. Gallen auseinander – der Textilgeschichte als Kontext seiner Entstehung ebenso wie den hier zusammengetragenen Privatsammlungen oder dem Einfluss des Kunsthandels.
Das Kunstmuseum St.Gallen im «Sammlungsfieber»
Die neue Sammlungspräsentation entspinnt sich entlang einer Zeitrechnung in Textilepochen, von der Baumwolle bis hin zur St. Galler Spitze.
Energie des Fieberhaften
Der Ausstellungstitel Sammlungsfieber (englisch: Collection Fever) bezieht sich auf den 1995 erschienenen Essay Archive Fever des algerisch-französischen Philosophen Jacques Derrida. Ordnung, so Derrida, wird traditionell mit Begriffen wie «Archiv» oder «Sammlung» assoziiert. Gleichzeitig entsteht Derrida zufolge nur durch das Fieber – das für die Neugierde, das Aufspüren und die Anhäufung verantwortlich ist – ein Archiv und somit eine Sammlung. Eben diese Energie des Fieberhaften, die zu Neuem und Unerwartetem führt, ist das leitende Prinzip für Sammlungsfieber, die etwa in den Fokus rückt, wie Sammeln und Anhäufen, aber auch Prestige und Geld, mit der Kunst verknüpft sind. Die Ausstellung wirft einen kritischen Blick auf die Verbindung zwischen Kapital und Kunst, was für den St. Galler Kontext auch die Beziehung zwischen Textil und Kunst bedeutet.
Koloniale Spuren in der Sammlung
Den Auftakt der Ausstellung bildet eine neue, vom Kunstmuseum St. Gallen in Auftrag gegebene Arbeit des Genfer Künstlers Mathias C. Pfund (* 1992). Im Mittelpunkt der Arbeit steht das erste Objekt, das in die Sammlung der Stadt einging: ein ausgestopftes Krokodil, das der St. Galler Kaufmann Daniel Studer 1623 der Stiftungsbibliothek schenkte. Die Installation besteht aus einer leeren Aufhängevorrichtung, dem Stich eines toten Nilkrokodils von Karel van Mallery aus dem 16. Jahrhundert und der Collage eines Mosaiks aus dem 2. Jahrhundert, das die edlen und exotischen Überreste eines Festmahls auf dem Boden zeigt. Damit geht es in Pfunds Installation um Luxus, Exotik und die Frage, welche Objekte wir als wertvoll erachten und wie diese Werte im musealen Kontext weiterleben.