Lucia Moholys (1894–1989) bekannte Bauhaus-Fotografien prägen bis heute das Bild der Fotostiftung Schweiz. Als Kunsthistorikerin, Kritikerin, Schriftstellerin und Mikrofilm-Expertin leistete sie einen wichtigen Beitrag zur Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts. Die Ausstellung «Lucia Moholy – Exposures» rückt diese lange unterschätzte Persönlichkeit ins Rampenlicht, die ihre letzten 30 Lebensjahre in Zollikon bei Zürich verbrachte.
Das bedeutende Erbe der Lucia Moholy
- Publiziert am 29. Januar 2025
Über drei Ausstellungsräume verteilt, werden Fotografien, Briefe, Tagebücher, Publikationen und Mikrofilme präsentiert. Im Fokus stehen zentrale Lebensabschnitte: Lucia Moholy Jugend in Prag, die Zeit am Bauhaus, das Londoner Exil und ihre Pionierarbeit in der Mikrofilmtechnik. Ein Schwerpunkt liegt auf ihrer Verbindung zu Zürich und zur Fotostiftung Schweiz, die viele ihrer Werke bewahrt. Ergänzend werden Arbeiten des zeitgenössischen tschechischen Künstlers und Kurators Jan Tichy gezeigt. Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt mit der Kunsthalle Praha.
Fotografin des Bauhauses
Lucia Schulz hatte Prag 1915 verlassen, um für verschiedene deutsche Verlage zu arbeiten. In Berlin lernte sie den ungarischen Künstler László Moholy-Nagy kennen, den sie 1921 heiratete. Gemeinsam setzten sie sich mit neuen Reproduktionstechniken und den Möglichkeiten des Fotogramms auseinander. Als Moholy-Nagy als Meister an das Bauhaus nach Weimar gerufen wurde, begleitete Lucia Moholy ihn und begann zu fotografieren: Zwischen 1923 und 1928 dokumentierte sie die Designobjekte des Bauhauses und die berühmten Dessauer Bauten von Walter Gropius. Ihre klar komponierten Aufnahmen prägen bis heute das visuelle Erbe der Institution. Besonders eindrücklich sind Moholys Porträts von Bauhauspersönlichkeiten wie Anni Albers, Walter Gropius oder Florence Henri, die in der Ausstellung einen zentralen Platz einnehmen.
Exil und Neuanfang
1928 verliessen Lucia Moholy und László Moholy-Nagy das Bauhaus in Dessau und zogen nach Berlin, wo sie sich bald darauf trennten. Moholy übernahm die Leitung der Fotoklasse an Johannes Ittens Kunstschule und versuchte sich parallel als Fotojournalistin. 1933 floh sie vor den Nationalsozialisten nach London, eröffnete dort ein Fotostudio und schrieb den Bestseller «A Hundred Years of Photography, 1839–1939». Nach der Zerstörung ihres Studios 1940 durch einen Bombeneinschlag wandte sie sich der Mikrofilmtechnik zu. Sie gründete einen eigenen Dokumentationsdienst und baute als UNESCO-Expertin in Ankara ein Mikrofilm-Zentrum auf.
Die Suche nach den Glasnegativen
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges stellte Moholy fest, dass viele ihrer Bauhaus-Fotografien in neu erschienenen Publikationen auftauchten. Nach umfangreichen Recherchen erfuhr sie schliesslich, dass Walter Gropius die Negative mit sich genommen hatte, als er über London in die USA emigriert war. Erst nach jahrelangen juristischen Verhandlungen erhielt Lucia Moholy 1957 eine grosse Anzahl ihrer Negative zurück, die sich heute im Bauhaus- Archiv in Berlin befinden.
Späte Würdigung der Fotografin
1959 zog Moholy nach Zürich. Hier schrieb sie für englische Zeitschriften über Zürcher Ausstellungen und wurde als Persönlichkeit in der Kunstszene wahrgenommen. In den 1970er und 1980er-Jahren wuchs schliesslich auch das Interesse an Moholys fotografischen Arbeiten, die in Ausstellungen gezeigt und in Zeitschriften veröffentlicht wurden. 1981 fand in der Zürcher Galerie Renée Ziegler eine Einzelausstellung statt und vier Jahre später erschien die erste Monografie mit einer fundierten Aufarbeitung ihres Werkes durch den Kunsthistoriker Rolf Sachsse. Auch die zwei Gründungsmitglieder der Fotostiftung Schweiz, Rosellina Burri-Bischof und Walter Binder, pflegten den Kontakt zu Lucia Moholy. Dank eines Ankaufs und einer Schenkung aus Moholys Nachlass bewahrt die Fotostiftung Schweiz heute 146 ihrer Abzüge, die über das Bildarchiv Online zugänglich sind und den grössten Bestand ausserhalb des Bauhaus- Archivs darstellen.
(Textgrundlage: Fotostiftung Schweiz)