Die letzte Diktatur in Europa gerät ins Wanken. Seit Monaten protestieren Menschen unterschiedlichster Couleur gegen Wahlbetrug, Gewalt und für Demokratie. Eine wichtige Rolle im gewaltfreien Widerstand nehmen die Frauen ein – unter ihnen viele Fotografinnen, die trotz immer brutalerem Vorgehen des Staatsapparates mit enormem Mut auf die Strasse gehen. Das «Dunant Plaza» zeigt Bilder von elf Fotografinnen, die eindrückliche und unerwartete Einblicke in die aktuellen Geschehnisse vor Ort geben.
Belarusian Sundays in Red and White
- Publiziert am 2. Dezember 2020
Weiss-rot-weisse Fahnenmeere
Seit sich Präsident Aleksandr Lukaschenko am 9. August 2020 mit angeblich 80,1 Prozent der Stimmen für eine sechste Amtszeit hat bestätigen lassen, verwandeln sich die Städte in weiss- rot-weisse Fahnenmeere und Protestlandschaften. Es ist nicht die erste Protestwelle gegen das autoritäre Regime. Während aber frühere Proteste jeweils innerhalb kurzer Zeit unterdrückt wurden, lässt sich die gegenwärtige Demokratiebewegung auch unter Androhung von Waffengewalt nicht aufhalten. Durch friedlichen Ungehorsam ist das ganze Land in Bewegung gekommen. Montags gehen die Pensionierten auf die Strasse, samstags die Frauen und sonntags alle zusammen.
Kooperation aus Solidarität
Neben politischem Handeln, wie den jüngst verhängten EU-Sanktionen gegen Lukaschenkos Regime, ist länderübergreifende zivilgesellschaftliche Solidarität zur Unterstützung der Demokratiebewegung gefragt. Das Henry-Dunant-Museum ist deshalb kurzfristig eine Kooperation mit dem Festival «The Month of Photography in Minsk» eingegangen.
Bilder von grosser Dringlichkeit
Aufgrund der prägenden Rolle der Frauen, die oft als «Gesicht» der Proteste beschrieben werden, wird in der Installation «Belarusian Sundays in Red and White» bewusst eine Bildauswahl von Fotografinnen gezeigt. Die Fotografien sind nicht nur eindrückliche Dokumentationen der aktuellen Geschehnisse, sondern sensible Porträts von Protagonistinnen und Akteuren. Wie beispielsweise die Arbeit von Kseniya Halubovich (Minsk, *1988). Mit ihrem Projekt möchte sie zeigen, wer die Frauen sind, die mit Blumen statt Steinen für demokratische Rechte einstehen: Mütter, Töchter, Frauen jeden Alters, aus allen Berufsgruppen und mit unterschiedlichsten Interessen. «Es ist unglaublich für mich, sie in ihrem Alltag zu begleiten und zu sehen, wie mutig und entschlossen sie sind. Jede Frau, die sich nicht davor fürchtet mit einer Blume auf die Strasse zu gehen, ist eine Heldin.» Die elf fotografischen Positionen zeichnen sich durch eigene Bildsprachen aus und sind dennoch einstimmig. Sie sprechen von Verletzlichkeit, Verzweiflung, von Mut und Zuversicht.