Die erste grosse Übersichtsausstellung zum Thema Schweizer Surrealismus im Aargauer Kunsthaus beantwortet die Frage mit 400 auserlesenen Schlüsselwerken und überraschenden Neuentdeckungen von rund 60 Schweizer Künstler*innen. Nach einer historischen Einführung zeigt die Ausstellung in neun atmosphärischen Themenräumen, wie die surrealistischen Errungenschaften und Bildfindungen die Kunst bis heute mitprägen.
Aargauer Kunsthaus | Surrealismus Schweiz
Gibt es überhaupt einen Schweizer Surrealismus? Das Aargauer Kunsthaus bietet die überzeugende Antwort: JA!
Schweizer Surrealismus – Wie bitte?
Wer den Begriff Surrealismus hört, denkt an die schmelzenden Zifferblätter von Salvador Dalí, die Traumfiguren von René Magritte und die geheimnisvollen Landschaften von Max Ernst. Aus den Reihen der Schweizer Kunstschaffenden hat sich die Pelztasse von Meret Oppenheim im kollektiven Gedächtnis festgeschrieben. Auch Alberto Giacometti hat mit seinen beklemmenden Objekten und Käfigen die surrealistische Skulptur massgeblich geprägt. Doch «Schweizer Surrealismus»?
Zum ersten Mal
Die Ausstellung Surrealismus Schweiz umfasst rund 400 Skulpturen, Gemälde, Zeichnungen, Fotografien sowie ein Video von rund 60 Künstler*innen. Im Zentrum des Interesses stehen sowohl die Teilnahme von Schweizer Künstler*innen an der 1924 von André Breton begründeten surrealistischen Bewegung in Paris, wie auch die Ausprägungen dieser künstlerischen Haltung im konservativen kulturellen Klima in der Schweiz der 1930er- bis 1950er-Jahre. Der Einbezug von ausgewählten Positionen nachfolgender Generationen veranschaulicht zudem den Einfluss des Surrealismus auf die Entwicklung der Nachkriegsavantgarden und die bis heute ungebrochene Aktualität surrealistischer Bildfindungen und -verfahren.
Heftige Kritik
Verschiedene Schweizer haben den internationalen Surrealismus mitgeprägt, sei es als Vorläufer (Paul Klee, Hans Arp), sei es als Mitglieder der Bewegung in Paris (Alberto Giacometti, Serge Brignoni, Kurt Seligmann, Meret Oppenheim, Gérard Vulliamy, Isabelle Waldberg). Sie schlugen zugleich Brücken zur Schweizer Kunstszene und beteiligten sich an der Gründung progressiver Künstlergruppen wie der Basler Gruppe 33 oder 1937 der Allianz – Vereinigung Moderner Schweizer Künstler, welche Abstrakte und Surrealisten zusammenbrachte. Mehr noch als in Frankreich stiessen die Surrealisten in der Schweiz auf heftige Kritik. Die 1930er-Jahre waren hier von einem konservativen Klima geprägt. Das offizielle Kunstschaffen hatte sich dem Credo einer „nationalen Erneuerung“ und „geistigen Landesverteidigung“ unterzuordnen. Dieser Verdrängungshaltung verweigerten sich die Surrealisten vehement, was die Œuvres von Künstlern wie Max von Moos, Walter Kurt Wiemken, Otto Tschumi eindrücklich bezeugen.
Die Macher
Die Ausstellung Surrealismus Schweiz wurde von Madeleine Schuppli, Direktorin des Aargauer Kunsthauses, initiiert. Sie schliesst an die Ausstellungstätigkeit des Aargauer Kunsthauses der letzten Jahre und Jahrzehnte an, die sich um die umfassende Aufarbeitung von Schweizer Kunsthemen verdient gemacht hat. Surrealismus Schweiz wurde vom Gastkurator Peter Fischer, ehemaliger Direktor des Kunstmuseum Luzern und Zentrum Paul Klee, Bern, in Zusammenarbeit mit Julia Schallberger, Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Aargauer Kunsthauses, konzipiert und vorbereitet.