Regisseur Rolando Colla ist es gelungen, durch Empathie, Geduld und Unvoreingenommenheit das Vertrauen von Bruno Wilkomirski zu gewinnen, der in «W. – Was von der Lüge bleibt» erstmals einräumt, das Buch «Bruchstücke» sei keine Autobiografie. Collas Film geht den Fragen nach, welches Umfeld und welcher persönliche Hintergrund dazu führten, dass Wilkomirski dieses Buch so geschrieben hat und bis zu welchem Grad etwas universell Menschliches in dieser Täuschung steckt.
W. - Was von der Lüge bleibt
Rolando Colla (1957, Schaffhausen) lebt und arbeitet seit 1978 in Zürich, er ist Drehbuchautor, Schauspieler und realisierte als Regisseur seit 1983 Auftragsfilme. Im Jahr 1984 gründete er seine eigene Produktionsfirma Peacock Film AG und ist seit 2002 Dozent an der EICT (Escuela Internacional de Cine y Television), San Antonio de los Baños, Havanna, Kuba. Für seinen Film «Summer Games» (2011) gewann er den Schweizer Filmpreis «Quartz 2012» und wurde in den Kategorien Bester Spielfilm und Bestes Drehbuch ausgezeichnet.
arttv Rezension
Nur schon die Tatsache, dass es Rolando Colla geschafft hat, Bruno Wilkomirski alias Bruno Doesekker-Grandjean, vor die Kamera zu bekommen, ist eine schier unglaubliche Leistung. Dabei geht es Colla aber keineswegs um Vorführung oder Blossstellung dieses gar nicht so unsympathischen Mannes, der vor über zwanzig Jahren mit seiner erfundenen Autobiografie einer Kindheit im Holocaust die halbe Welt zu täuschen vermocht hatte. Vielmehr schafft es der bisher vor allem durch seine Spielfilme («Giocchi d’estate») bekannte Regisseur – der 2012 mit seinem bis anhin einzigen Dokumentarfilm «Das bessere Leben ist anderswo» schon einmal sein Geschick im Umgang mit Biografien voller extremer Brüche bewiesen hatte – tiefe Einblicke in die seelischen Abgründe eines Betrügers und Hochstaplers filmisch zu vermitteln. Dabei widerspiegelt der Film das Spiel mit Fiktion und Realität seines Protagonisten mittels der animierten düsteren Illustrationen des Zeichners Thomas Ott grosser Perfektion. Es ist nichts weniger als die kongeniale Visualisierung einer Zwischenwelt, in der die Kategorien von Lüge und Wahrheit ausgeschaltet scheinen.
Geri Krebs, arttv.ch
Zum Film
Das Buch «Bruchstücke. Aus einer Kindheit 1939–1948» schlug international hohe Wellen – sowohl als es erschien, wie auch als sich später herausstellte, dass die angebliche Autobiografie erfunden war. Der Berufsmusiker Bruno Wilkomirski beschrieb in seinem 1995 erschienenen Werk seine frühste Kindheit in einem Konzentrationslager. Er erhielt Preise, war als Zeitzeuge und Experte weitum gefragt. Nachdem vier Jahre später bekannt wurde, dass es sich bei «Bruchstücke» um eine Art Lebenslegende handelt, Bruno die ganze Kindheit in der Schweiz verbracht hatte, beharrte er zunächst auf der Richtigkeit seiner Erinnerungen. Dann zog er sich zurück und äusserte sich nicht mehr öffentlich – bis jetzt. Eine emotional starke, kluge und inspirierende Dokumentarfilm-Perle mit Illustrationen des Comiczeichners Thomas Ott.
Stimmen
«Ein Wahnsinnsfilm! Ich konnte den ganzen Abend an nichts anderes mehr denken.» – Kathrin Hönegger, Radio SRF | «Einer der klügsten Beiträge dieses ZFF-Jahrgangs, mit Wendungen, die einem den Atem stocken lassen. Da müssen Sie hin!» – Tobias Sedlmaier, Neue Zürcher Zeitung