MAMI WATA
Westafrikanischen Meerjungfrauen-Folklore und -Mythologie in Schwarz/Weiss
Im Dorf Iyi verehren die Menschen die Meerjungfrauen- Gottheit Mami Wata und suchen Rat bei Mama Efe, ihrer Vermittlerin auf Erden. Als Zweifel an Mama Efes Kräften auftauchen, kämpfen ihre Töchter Prisca und Zinwe für den Zusammenhalt der Gemeinschaft. Die visuell betörend erzählte Parabel basiert auf der westafrikanischen Mythologie und zaubert uns in eine andere Welt.
Mami Wata | Synopsis
In dem abgelegenen westafrikanischen Dorf Iyi verehren die Dorfbewohner die Meerjungfrauen-Gottheit Mami Wata und suchen Rat bei ihrer Heilerin Mama Efe, der Vermittlerin zwischen ihnen und Mami Wata, sowie bei Mama Efes Tochter Zinwe und ihrem Schützling Prisca. Doch als Kinder zu sterben beginnen, beginnt Jabi, ein Einheimischer, Zweifel unter den Menschen zu säen, während Zinwe, getrieben von ihrer eigenen Angst, wegläuft. Die Ankunft des rebellischen Kriegsherrn Jasper ändert das Blatt zu Jabis Gunsten. Als Iyi unter neuer Kontrolle steht, müssen Prisca und Zinwe einen Plan schmieden, um ihr Dorf zu retten und Mami Watas Ruhm in Iyi wiederherzustellen.
Mami Wata | Stimmen
«Kühne Ästhetik verschmilzt in diesem nigerianischen Epos mit mythischen Dimensionen. Ein mutiger, beeindruckender Rausch.» – Sight & Sound | «Dieser Film ist ein Kunstwerk vom ersten Bild bis zum letzten Ton.» – IndieWire | «Eine Feier der afrikanischen Weiblichkeit und der Schwesternschaft.» – Variety | «Die elektrisierende Erfahrung einer nigerianischen Allegorie in Schwarzweiss.» – The Hollywood Reporter
Rezension von Abel Zuchuat
Die göttliche Macht von Iyi, einem kleinen, friedlichen Dorf in Westafrika, sieht sich plötzlich durch die Skepsis einiger Bewohner bedroht. Sie glauben nicht mehr an ihre Gottheit Mami Wata und ihre Fürsprecherin Mama Efe. Dies führt dazu, dass das Dorf in eine barbarische Revolution verwickelt wird, die durch die Ankunft eines mysteriösen Kriegsherrn eingeleitet wird. Die beiden Schwestern Prisca und Zinwe, die zukünftigen Vermittlerinnen der Gottheit, müssen einen Weg finden, um Iyi zu retten und den Glauben wiederherzustellen.
Glauben oder nicht glauben?
Sicherlich weicht Mami Wata nicht von der grossen Tendenz der Nollywood-Filme – Kino aus Nigeria – ab, religiöse und mythische Themen in einem bekehrenden Ansatz zu vermitteln. Die rein narrative Einfachheit des Films erinnert uns zum wiederholten Mal daran, dass gute Gefühle den Hass besiegen und dass die Kraft, an etwas zu glauben, immer alle Zweifel zerstreuen wird. Man könnte es dabei belassen und das Werk in die
Schublade der Drehbuchklischees stecken, doch das würde die subtilen Nuancen und die berauschende ästhetische Schönheit des Films ausser Acht lassen.
Mami Wata macht das matriarchale Regime, das um seine Erhaltung kämpft, nicht nur zur Allegorie des feministischen Kampfes, sondern setzt auch weniger den Glauben des Mythos durch, als vielmehr die Beziehungsfragen, die sich daraus ergeben. So bestreitet der Film mehrmals von sich aus die spirituelle Macht, indem er beispielsweise den Tod eines Kindes darstellt, den Mama Efe nicht heilen kann, eine Skepsis, die bis zu den Worten der Heilerin selbst im fünften Kapitel reicht: «Kein Gebet kann die Zukunft ändern». Indem Mami Wata ihre Rede zwischen Glauben und Zweifel wechselt, entspricht sie der Definition des Phantastischen: nicht zu wissen, ob das Wunderbare real oder nur ein Produkt der Fantasie ist. Glauben oder nicht glauben? Letztendlich ist das Dilemma, das uns C. J. Obasi nicht unbedingt eine Antwort erwartet, denn angesichts des Mythos ist der Film weder zu bekehrend noch zu wenig abschreckend. Vielmehr mässigt er seinen Diskurs wie den einer Fabel, deren Moral von Diderot entlehnt sein könnte: «Man riskiert genauso viel, wenn man zu viel glaubt, wie wenn man zu wenig glaubt».
Schwarz und weiss und der Horizont.
Die Inspiration, der sich C. Obasi bedient, reicht von Akira Kurosawa bis David Lynch und materialisiert sich vor allem in einer hyperstilisierten Ästhetik. Die ausschliessliche Verwendung von Schwarz-Weiss, Nahaufnahmen, wechselnder Tiefenschärfe und einer extremen Low-Key-Beleuchtung verwandeln jede Einstellung in ein künstlerisches Erlebnis, indem eine haptische Beziehung zwischen den Materialien auf der Leinwand und dem Auge des Zuschauers hergestellt wird. Dann aber verschmelzen die Motive, Körper und Natur, weisses Make-up, Lichter und Sterne, Tränen und Blut in einem Sichtfeld, das ständig mit grafischen Elementen durchdrungen ist.
Dann plötzlich … der Horizont. Die Ferne des Ozeans. Ein Durchbruch in diesem bis dahin erdrückenden Bildschirm. Eine einfache, bedeutungsvolle Linie, die mit Priscas Worten an den Kriegsherrn übereinstimmt: «Ich weiss nicht, woran ich glaube». Diese Zeile markiert einen möglichen Ausweg, den der fleischlichen Untreue, die sie überlagert, und erinnert daran, dass die einzige Enklave der Freiheit die unverbrüchliche Bindung an die Gebote der Tradition ist. An diesem wichtigen erzählerischen Dreh- und Angelpunkt beweist C. J. Obasi grosse Subtilität und zeigt, wie bedeutungsvoll seine Ästhetik ist. Es gelingt ihm, die Lust am Körper und den Ehebruch mit dem spirituellen Mythos von Mami Wata zu verbinden, die, wie wir uns erinnern, als Göttin, halb Mensch, halb Sirene, die Ungläubigen bestraft.
Fazit
Der auf den ersten Blick schematische Film MAMI WATA beweist, dass seine erzählerischen Feinheiten den Umweg wert sind, indem er die gemässigtere Botschaft seines Autors O. J. Obasi im Laufe der Geschichte immer wieder aufgreift. Der Film ist bei weitem nicht so radikal wie andere Nollywood-Produktionen, sondern bietet die Möglichkeit, den Glauben zu hinterfragen, seine Bedeutung zu verstehen und zu begreifen, was er auf der Beziehungsebene bewirkt. Die grafische Ästhetik bietet nicht nur ein fast taktiles Vergnügen für die Augen, sondern hebt auch die Botschaft des Films auf eine höhere, faszinierende Ebene der Lesbarkeit.