Es ist eine Reise zu den Ursprüngen ihrer Kreativität. Alberto Giacometti revolutionierte die Kunstwelt mit seinen schlanken Skulpturen. Vor ihm war sein Vater ein Impressionist der ersten Stunde. Was macht dieses Tal zur Geburtsstätte so vieler Künstler? Der Film begibt sich auf die Spuren dieser aussergewöhnlichen Künstlerfamilie.
I GIACOMETTI
Ein ruhiger Dokumentarfilm über eine Künstlerdynastie und das schroffe Schweizer Bergtal, das sie hervorbrachte.
I Giacometti | Synopsis
Die Künstlerfamilie Giacometti aus dem Bergell war einzigartig und in vielen Aspekten kreativ; von den Eltern Giovanni Annetta bis zu den Kindern Alberto, Diego, Ottilia und Bruno. Die harte alpine Landschaft und das intensive familiäre Zusammenleben schufen besondere Voraussetzungen für die Entfaltung ihrer Werke. Gleichzeitig war aber auch der Austausch mit anderen Kulturen und das Leben in Metropolen ein wichtiger Teil ihres Schaffens. Regisseurin Susanna Fanzun, selbst aus dem Engadin, treibt die Frage um, was zwischen den meisterhaften Gemälden und flüchtigen Skizzen geschah. Die Spurensuche führt sie in private und öffentliche Archive, sie spricht mit Zeitzeug:innen und fügt Preziosen stimmungsvoll zu einer Familiengeschichte zusammen. Untermalt von teils unbekannten Briefen, führt sie uns durch die Erzählung. Der Film setzt sich durch ein entscheidendes Merkmal von anderen ab: Fanzuns weiblicher Blick ermöglicht eine Reflexion, die die zentrale Figur der Ehefrau und Mutter gebührend zu behandeln weiss und ihren Einfluss auf ihre berühmte Familie aufzeigt.
I Giacometti | Stimmen
«Die Schweizer Regisseurin Susanna Fanzun erkundet in I GIACOMETTIS eben dieses ungewöhnliche Schicksal einer Künstlerdynastie, eine Familienodyssee.» – Giorgia Del Don, Cineuropa | «Der Film ist eine Hommage an das Werk der Familie und lässt es mit beeindruckenden Aufnahmen davon aufleben.» – Giancarlo Schwendener, Outnow
Rezension von Madeleine Hirsiger
Man kennt sie auf der ganzen Welt: die sehr schmalen, meist sehr grossen Menschen, grob geformt und oft in Bronze gegossen. In jeder Hinsicht unbezahlbar. Es ist Alberto Giacometti aus dem Bergell, dort, wo es im Winter während drei Monaten keinen einzigen Sonnenstrahl gibt, die Kunstwelt bis weit in der Mitte des letzten Jahrhunderts revolutioniert. 1966 stirbt er im Alter von 65 Jahren an einem Herzversagen.
Bündner Kindheit
Der Dokumentarfilm «I Giacometti» der Bündner Filmemacherin Susanna Fanzun beginnt denn auch mit einer Spielszene, in der sich Alberto als Bub in einer Höhle den Wänden nach tastet und in den sandigen Boden mit einem Holzstab Zeichnungen macht. Er rennt nach Hause, wo ihn ein schön gedeckter Tisch zum Essen erwartet. Die Zeichen sind gesetzt: Es ist kein ärmlicher Haushalt, in dem Alberto (geb. 1901) mit seinen drei Geschwistern aufwächst. Sein Vater Giovanni (geb. 1868) ist ein begabter und erfolgreicher Kunstmaler und hat für die künstlerischen Seiten seiner Kinder volles Verständnis. Sie wurden gefördert, ohne darum bitten zu müssen.
Der Ruf der Kunst
Deshalb ist wohl ein grosser Teil des Films dem Vater Giovanni Giacometti gewidmet, von ihm hängen zahlreiche Bilder in Schweizer Museen. Als 18-jähriger verlässt er das enge Tal, geht nach München und lernt der Schweizer Maler Cuno Amiet kennen. In Paris schliessen sie sich der Avantgarde an. «Die Kunst ruft mich, ich muss der Kunst folgen», war sein Motto. Doch er kehrte zurück ins Tal, vermählte sich mit Annetta. Alberto, das erste Kind, wurde früh zum Einzelgänger, verbrachte viel Zeit im Atelier seines Vaters und machte regen Gebrauch von der häuslichen Bibliothek. Er ging schnell seinen eigenen Weg, der führt ihn ins Ausland, nach Italien, vor allem aber nach Paris, wo er einen Grossteil seines Lebens verbringt und von wo aus er seinen Bruder Diego unterstützt wird. Susanna Fanzun macht uns eines klar: die Mutter Annetta – sie starb mit 92 Jahren – wachte als Oberhaupt der Familie aufmerksam über ihr Söhne, wenn sie ins heiratsfähige Alter kamen. Die Freundinnen der Söhne hatten es wahrlich nicht leicht, was aber nicht für ihre Schwester Ottilia galt.
Fazit: Es ist eine reichhaltige Geschichte, ruhig und akkurat erzählt mit dem Einsatz vieler Ingredienzen: Aufnahmen aus früheren Dokumentarfilmen, Fotos, Interviews mit Zeitzeugen, Briefen, Kunstobjekten und inszenierten Spielszenen. Dazu kommen die Bilder des Kameramanns Pierre Mennel, der das Bergell im schönsten Licht eingefangen hat.