Stets auf der Suche nach neuen Impulsen und Ausdrucksformen war Fedier einer der bedeutendsten Schweizer Vertreter der Abstrakten Malerei. Durch die Kombination aus Künstlerporträt und Elementen des Roadmovies wird die grosse Vielfalt und Kraft seines Schaffens nachdrücklich erlebbar. Der Film bringt den kreativen, visionären Künstler näher, gewährt einen einzigartigen Einblick in sein herausragendes Werk und schlägt durch den Einbezug der Enkelin eine Brücke in die Gegenwart.
Fedier – Urner Farbenvirtuose
Regisseur Felice Zenoni widmet dem Künstler und Avantgardist Franz Fedier zum 100-Jährigen einen Film
Fedier – Urner Farbenvirtuose | Synopsis
Franz Fedier (1922 – 2005) war stets auf der Suche nach neuen Impulsen und Ausdrucksformen. Vor allem Aufenthalte in Paris und Algerien haben den im Kanton Uri geborenen und aufgewachsenen Maler geprägt. So brach er nach figurativen Anfängen – Bildern von Tieren, Menschen und Landschaften – künstlerisch bald zu neuen Ufern auf: Fedier entwickelte einen ganz eigenen Stil und wurde zu einem der bedeutendsten Vertreter der Abstrakten Malerei in der Schweiz. Nun wagt seine 24-jährige Enkelin Alma einen eigenen Blick auf den Menschen, den Künstler und auf dessen Werk. Anhand von autobiografischen Texten des weitgereisten Franz Fedier folgt sie seinen Spuren – von seinem Atelier in Bern quer durch die Schweiz bis nach Paris. Unterwegs trifft sie auf unterschiedliche Menschen, die einen Bezug zu ihrem Grossvater hatten. Darunter finden sich prominente Namen der Kunstszene wie die Kuratorin Bice Curiger oder der emeritierte Kunstprofessor und Philosoph Gottfried Boehm. Regisseur Felice Zenoni hat den Film «Fedier – Urner Farbenvirtuose» zum 100. Geburtstag des Malers realisiert.
Felice Zenoni hat seit 2002 mehrere Porträts über Persönlichkeiten realisiert: Charly Chaplin, Grock, Paul Burkhard, Heidi Abel, aber auch über Heinrich Danioth und seinen Teufelsstein. Zenonis Dokumentarfilm «Der Spitzel und die Chaoten» erhielt den Fernsehpreis 2021: «Eine lehrreiche wie vergnügliche historische Auffrischung und heitere Botschaft der Toleranz», lobte die Jury. Die Preisverleihung findet aus Corona-Gründen im Frühjahr 2022 statt.
Fedier – Urner Farbenvirtuose | Rezension
von Rolf Breiner
Weg von Sonnenuntergängen
Vergessen und doch gegenwärtig. Im Urnerland kann man ihm bis heute begegnen – bei Wandbildern für die PTT, in einem Gerichtssaal oder am Zeughaus in Altdorf. Er schuf Kunst am Bau, die überdauerte und doch geriet der Urner Künstler Franz Fedier (1922-2005) in der breiten Öffentlichkeit in Vergessenheit. Am 17. Februar hätte er seinen 100. Geburtstag feiern können. Fedier hatte Visionen und wurde zum Schweizer Pionier der abstrakten Malerei, damit war er seiner Zeit weit voraus. Er studierte ab 1947 in Paris, war gut bekannt mit Alberto Giacometti. Nach einem Aufenthalt in Algerien (1949/52) wandte er sich von der figurativen Malerei ab und der abstrakten Malerei zu – sein Statement: «Ich bin nicht der Sonnenuntergangsmaler». Fedier wurde Leiter der Malklasse in Basel (1966-1987, Schule für Gestaltung) und war Präsident der Eidgenössischen Kunstkommission (1987-1992). Er sah Kunst als Öffentlichkeitsarbeit, war ein Aktivist bei der Kunst am Bau, experimentierfreudig, kompromisslos und weitsichtig. Nun erscheint ein Film über ihn. Von Uri ausgehend geht Felice Zenoni, 1964 in Altdorf geboren, dem «Urner Farbvirtuosen» nach, mit Fediers 24-jährigen Enkelin Alma als Spurensucherin und Seelenverwandten. Sie studiert Sozialanthropologie und Kunstgeschichte in Bern, bereits während ihrer Schulzeit beschäftigte sie sich intensiv mit der Geschichte ihres Grossvaters. Vor der Kamera zeigt sie eine unglaublich gute Präsenz und schnelle Auffassungsgabe. Die habe sie wohl von ihrem Grossvater, meint Regisseur Zenoni. Eine ideale Moderatorin.
Den Teufel gebannt
Bei der Filmrecherche tauchten vergessene Bilder, Skizzen und Projekte auf. Fedier war ein Schüler des Urners Heinrich Danioth, der das Teufelsbild in der Schöllenen Schlucht bei Andermatt 1950 schuf. Fedier, Teilnehmer 1959 an der documenta in Kassel, skizzierte 1970 selber einen bemalten Teufelsstein bei Göschenen. Doch sein Projekt wurde 1994 von der Naturforschenden Gesellschaft Uri abgelehnt. Nun hat ein Team (Fediers Enkelinnen Alma und Clara, Schwiegertochter Gerda Fedier, Sohn Marco sowie Restaurator Andreas Lohri) nachgefasst, die Gesellschaft gab nach, das Projekt wurde tatsächlich umgesetzt. Das Vorhaben gelang rechtzeitig zum 100. Geburtstag, doch leider nur temporär, wie Felice Zenoni erklärte, denn der gelbe Teufel auf dem Felsen muss wieder «reingewaschen» werden. Das Projekt (Kostenpunkt: 50 000 Franken) wollte Zenoni unbedingt für seinen Film wahr machen. Nun ist der Teufel gebannt – aber nur auf Zeit.
Berührungsängste nehmen
Der Regisseur suchte Zeitgenossen und Fachleute wie Kuratorin Bice Curiger und Kunstprofessor Gottfried Boehm auf. Er ging Fediers Regenbilder nach und liess sie neu ‹fliessen›. Er zitiert aus Fediers Aufzeichnungen und «Reflexionstexten», die er gegen Lebensende verfasste, da er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr malen konnte. Zenonis Absicht: «Ich wollte einen populären Film über einen abstrakten Künstler machen und den Zuschauern Berührungsängste nehmen.» Und so bietet sein Film Anknüpfungspunkte und Begegnungen mit einem fast vergessenen Schweizer Künstler und Visionär. Er zeigt seine Arbeiten und seine Wirkung auf seinen Sohn und auf seine Enkelin, die wesentlich am Ergebnis beteiligt waren. Durch den Film sprechen Franz Fediers Bilder für sich, auch wenn sie bisweilen keinen Titel haben.
Fazit: «Fedier – Urner Farbenvirtuose» ist kein Biopic mit Zeigefinger im konventionellen Sinn, sondern ein fesselndes Vermächtnis auf verschiedenen Ebenen. Ein Film, der für sich spricht – durch seine Bilder.
Weitere Stimmen
«Es passt, dass Felice Zenoni nach ‹Danioth – der Teufelsmaler› auch einen Dokfilm über Franz Fedier gedreht hat. Zum einen war Fedier ein Schüler von Heinrich Danioth und zum anderen plante auch der 1922 geborene Urner – wortwörtlich – den Teufel an die Wand zu malen, was ihm jedoch verwehrt bliebt. Wie ihm dieser Wunsch jetzt nach seinem Tod noch erfüllt wird, ist Teil dieses durchaus sympathischen Dokfilmes. Schade, dass die Szenen, in denen ehemalige Weggefährtinnen und Weggefährten von Fedier getroffen werden, von den Bildausschnitten her etwas unbeholfen wirken. Dieser Teufel liegt aber zum Glück nur in diesem Detail.» – Christoph Schelb, Outnow | «Mit seinem Film folgt Felice Zenoni der Idee Fediers, er möchte den Künstler und seine Kunst für ein möglichst breites Publikum aufbereiten. […] Die Bildwelt eines Künstlers öffnen, seine Bilder und Ideen zugänglich und verständlich machen, das gelingt Zenonis Film wunderbar.» – Alice Henkes, Sennhausers Filmblog