Ein Sündenpfuhl oder ein Ort der Rebellion? Der Zürcher Stadtkreis 4 ist das einstige Arbeiterquartier, das zum Schmelztiegel der Kulturen geworden ist. Die Langstrasse ist schweizweit ein Begriff. Es ist der Ort der rastlosen Nachtschwärmer, ein Party-Paradies – gar eine Lebensschule? «Cheibe Zürcher» besteht aus 59 kurzen Porträts von Protagonist*innen des unschweizerischsten Ortes der Schweiz: Eine Dokumentation in Schwarzweiss, wie sie bunter nicht sein könnte.
Cheibe Zürcher
Nicolas Yves Aebi (*1971) wuchs im Zürcher Niederdorf auf. Nach der Ausbildung bei Foto Bären Optik war er 1994 bis 1999 für die Züri Woche als Pressefotograf tätig, anschliessend bis 2013 vor allem für 20 Minuten, aber auch für SonntagsBlick, Facts und viel weitere Medien auch als Co-Leiter des Fotostudios. Für das Tagblatt realisiert er seit 2013 auch die Serie «Wir Zürcher» mit in Zürich lebenden Ausländern, Quartierbewohnern und Sportlern. Zur vom Medienausbildungszentrum Luzern mit Note 6 prämierten Serie erschien 2020 auch ein Buch. 2021 wird er einige Porträts, zu denen er auch die Texte verfasste, auf Einladung des EDA in der Schweizer Botschaft in Ankara ausstellen.
Zum Film
59 Menschen, die im Zürcher Kreis 4 leben und arbeiten oder sogar im «Chreis Cheib» aufgewachsen sind, sprechen über sich und erzählen aus ihrem Quartier, das so viele Facetten hat wie sie selbst: Der Partymacher, die Salonbesitzerin, DJ-Frauen und eine Tätowiererin, Seelsorger, Männerboutique-Betreiber, Kontaktbar-Chefs, der Polizeifahnder, der Promi-Coiffeur, der Punk-Pionier und die Pornoprinzessin, Ladenbesitzer, Türsteher, Travestiestars und Frauen, die sich durchboxen und auf ihre Weise Respekt verschaffen. Dabei auch prominente Gesichter wie Schauspieler Joël Basman, Dominique Rinderknecht, Tamy Glauser und Anwalt Valentin Landmann. Sie alle sagen, warum sie ihren «Chreis Cheib» so lieben – und erzählen allerlei Erstaunlichstes, was sie an der als «Boulevard der Habenichtse» verschrieenen Langstrasse und um sie herum erlebt haben: Wie Motörhead-Lemmy sie fotografierte, warum Musik-Legende Ray Charles einst in den Elektronikladen Pusterla kam, von Sprengstoff-Spaghetti in der Brauerstrasse, wie man hier einst «schnupfte wie Gott», beim altchinesischen Hodenbaden im Volkshaus – oder in der «Stunde der Idioten» frühmorgens zwischen drei und vier Uhr.
Zur Produktion
Fotograf und Filmer Nicolas Yves Aebi und Journalist Christoph Soltmannowski haben sich Mitte 2019 in einem Pop-Up-Studio mitten im Quartier eingemietet. Spontan entstand vor Ort die Idee zu diesem Projekt und Film. Cutter Sven Prausner, im Quartier auch als DJ aktiv, hat die Interviews auf kinotaugliche Länge geschnitten. Der Film entstand unabhängig, ohne jegliche Subventionen.