Die kletterbegeisterte Allegra wurde Opfer eines Terroranschlags. Drei ihrer Freunde kamen dabei ums Leben. Von Schuldgefühlen und Rachegedanken geplagt, zieht sie sich zurück. Um das Leben wieder zu schätzen, muss sie einen langen Kampf gegen sich selbst führen. Atemberaubende Gipfelbilder, eingefangen von Kameramann Pietro Zürcher und eine sorgfältig inszenierte Geschichte machen diesen Autorenfilm zu einer bereichernden Ergänzung im Schweizerischen Filmschaffen.
Atlas
- Publiziert am 6. Januar 2021
arttv Rezension
Das Gebirge in Nordafrika gibt dem Film den Titel. Und das Erklimmen von steilen Felswänden – die Anstrengung und das Durchhaltevermögen, sie mit Seilen und körperlichem Einsatz zu bezwingen – steht auch als Metapher für den Eröffnungsfilm an den 56. Solothurner Filmtagen des 38-jährigen Tessiner Regisseurs Niccolò Castelli. Es ist das erste Mal, dass ein Film aus dem Südkanton eine Ausgabe in Solothurn eröffnet. Die puzzelartige Erzählstruktur wird von jungen, begabten Schauspieler*innen getragen, allen voran die überzeugende 24-jährige Italienerin Matilda de Angelis als Allegra. Von Beruf SBB-Zugsbegleiterin, spielt sie eine begeisterte Kletterin, die mit Freuden oft in den Bergen unterwegs ist. Erschöpft, aber glücklich erreichen sie jeweils den Gipfel – und träumen vom Besteigen des Atlas.
Aber schon am Anfang des Films tönt uns Niccolò Castelli an, dass nicht nur Klettern eine Herausforderung sein kann. Er baut behutsam eine Spannung auf, die uns durch den ganzen Film begleitet. Und in Rückblenden, die lange Zeit nicht schlüssig zu lesen sind, merkt man, dass etwas Schlimmes vorgefallen sein muss. Es ist ein Attentat, das Tote fordert und die schwer verletzte Allegra zwingt, sich im Leben neu zu orientieren. Mühsam und mit Rückschlägen nimmt sie den Kampf auf, um wieder ein erträgliches Leben in der Gesellschaft und in der Familie zu erlangen. Eine einfühlsam geführte Kamera (mit atemberaubenden Gipfelbildern) von Pietro Zürcher und eine sorgfältig inszenierte Geschichte macht diesen Autorenfilm zu einer bereichernden Ergänzung im Schweizerischen Filmschaffen. Madeleine Hirsiger
Zum Film
Die kletterbegeisterte Allegra wurde Opfer eines Terroranschlags, bei dem drei ihrer Freunde ums Leben kamen. Von Schuldgefühlen und Rachegedanken geplagt, zieht sie sich zurück. Ihre Lieben sind machtlos. Um das Leben wieder zu schätzen, muss sie einen langen Kampf gegen sich selbst führen. Sie trifft auf Arad, einen jungen Flüchtling aus dem Nahen Osten. Doch es fällt ihr schwer, das Vertrauen in das Andersartige zurückzugewinnen. Die Hauptfigur Allegra wird von der italienischen Schauspielerin und Musikerin Matilda De Angelis verkörpert. Der Shooting Star ist derzeit in der HBO-Miniserie «The Undoing» zu sehen, in der sie an der Seite von Nicole Kidman und Hugh Grant spielt. «Altlas» versammelt zudem den franco-tunesischen Schauspieler Helmi Dridi und den Zürcher Schauspieler Nicola Perot (Schweizer Fernsehfilmpreis 2015 für «Der Hamster»). In den Nebenrollen spielen Irene Casagrande, Anna Manuelli, Kevin Blaser, Angelo Bison, Anna Ferruzzo, Neri Marcorè, Giacomo Bastianelli, Dorothée Müggler und Andrea Zogg. Hinter der Kamera stand Pietro Zürcher («My little one», «Double vie»); das Szenenbild verantwortete Georg Bringolf («Platzspitzbaby»).
Zum Regisseur*
Niccolò Castelli wurde 1982 in Lugano geboren. Als Journalist und Moderator war er zuerst bei Rete Tre bei RSI (Radio Svizzera di Lingua Italiana) tätig und schloss sein Studium der Kunstwissenschaften und der Philosophie 2006 in Bologna ab. Darauf absolvierte er 2008 ein Master in Filmrealisation an der ZHdK (Zürcher Hochschule der Künste). Niccolò Castelli ist als Autor und Regisseur tätig. «‹Atlas› ist ein Versuch zu verstehen, wie tief wir gehen müssen, um den Anderen – ausserhalb von uns selbst – kennenzulernen. Um uns wirklich frei zu fühlen, frei wie wenn wir dort oben auf dem Berggipfel stehen. Diesen Film zur Eröffnung einer so besonderen Ausgabe der Solothurner Filmtage zeigen zu können, in einem Moment, in dem wir uns alle nach Freiheit sehnen, ist für mich eine grosse Ehre». *Niccolò Castelli, Regisseur*_