«Weg von hier» - ein Winterfreilichtspiel mit Texten von Franz Kafka
Der Spielort ist ein wunderbarer und geheimnisvoller Ort am Ufer des Vierwaldstättersees: der Seeacher in Meggen
Dort zwischen den Gebüschen und Steinen wohnen drei Menschen. Sie erzählen ihre Geschichten: Berichte, Aufzeichnungen, Betrachtungen und biographische Notizen aus den Tiefen unseres Bewusstseins und unserer Träume. Es sind ausschliesslich Texte von Franz Kafka. Schlagzeuger und Perkussionst Markus Lauterburg gestaltet für das Stück die Musikdramaturgie, komponiert die Musikelemente und spielt auf der Bühne mit.
Winterfreilichtspiel
Die gewohnte, uns vertraute Welt zu verlassen und an einem winterlichen Seeufer gemeinsam mit Spieler- und Musiker*innen eine zauberhafte Wirklichkeit zu erleben, ist nicht nur eine unkonventionelle Theater-Idee, sondern gehört wesentlich zum künstlerischen Konzept des Projekts. Die Figuren leben ausserhalb der gewohnten Welt der Städte, sie haben ihre Wohnungen verlassen und sich in selbstgegrabene Bauten zurückgezogen. Die Theatermacher:innen von WEG VON HIER nehmen unsere Theatergäste mit an diesen geheimnisvollen Ort.
Kafka und das Theater
Kafka fühlte sich stark vom Theater angesprochen. Trotzdem gibt es nur ein Fragment von ihm, das er in dramatischer Form geschrieben hat: DER GRUFTWÄCHTER. Der alte Wächter eines Mausoleums kämpft jede Nacht erbittert mit den Geistern der dort beigesetzten toten Ahnen eines Fürstenhauses, die dem Gefängnis ihres Grabes entfliehen und in die Welt der Lebenden einbrechen wollen. Das Stück blieb ein Versuch und wurde nie aufgeführt. Doch hat Kafkas Prosa alle Elemente für das Theater: Unmittelbarkeit, klare, scharf gezeichnete Bilder, sinnliche Gegenständlichkeit in den Beschreibungen, starke, unkonventionelle Figuren und eine geheimnisvolle Spannung. Kafkas Erzählungen sind sehr genaue Beschreibungen von Albträumen und Wahnvorstellungen. In einer präzisen, klaren Sprache gibt er Realitäten, die sich jenseits unserer gewohnten Welt befinden eine Form, so dass sie für uns begreifbar werden. Sie drücken das Gefühl der Angst aus, das Gefühl von Schuld und Unsicherheit, Gefühle, die ein feinfühliger Mensch hat, der sich in einer Welt der Konventionen und des Konformen nicht mehr zurechtfindet, der den Kontakt gegenüber der Realität verloren hat und ihn nicht neu erschliessen kann. Ionesco bemerkt in seinem kurzen Essay über Kafka dazu: Dieses Thema: der im Labyrinth verirrte Mensch, der den Faden der Ariadne nicht mehr besitzt, ist das Urthema im Werk Kafkas. In Kafkas Bilderreigen bekommen Wahnvorstellungen und Schuldgefühle allgemeingültige und kollektive Bedeutung. Ähnlich den alten griechischen, archetypischen Mythen, oder den allegorischen Träumen des Barock, dringen seine Beschreibungen tief in unser Unbewusstes ein.
Kafka und das Absurde
Absurd ist etwas, das ohne Ziel ist … Wird der Mensch losgelöst von seinen religiösen, metaphysischen oder transzendenten Wurzeln, so ist er verloren, all sein Tun wird sinnlos, absurd, unnütz, erstickt im Keim. (Eugène Ionesco aus einem Essay über Kafka). Kafka gehört zu den Pionieren der absurden Literatur. Für ihn war das Absurde ein Mittel, einem Universum ohne Mittelpunkt, ohne klare Zweckbestimmung gegenüber zu treten, einem Universum ohne einigendes Prinzip, fragmentarisch, zusammenhanglos, sinnentleert, atomisiert, letztlich einem absurden Universum, in dem Menschen in ewiger Einsamkeit ihr Dasein fristen, gefangen im Kerker der eigenen Bubbles, unfähig den Andern zu erreichen. Kafka zeigt uns, was der Mensch entdeckt, wenn er in die Tiefen seiner Ängste, Träume und Phantasien eintaucht. Er erzählt nicht über die Absurdität unserer Existenz, er stellt sie einfach als Tatsache dar. So hat bei Kafka die Realität der inneren Welten eine grössere Unmittelbarkeit und kommt den subjektiven Wirklichkeiten und dem, was wir erfahren, näher.