Warum zündet jemand ohne Grund ein Haus an? Und warum lässt jemand das zu? Das Theater St.Gallen zeigt dies mit einer beeindruckenden Inszenierung und garantiert staubfrei.
Theater SG | Herr Biedermann
«Scherz ist die drittbeste Tarnung. Die zweitbeste ist Sentimentalität. Die beste aber ist immer noch die blanke und nackte Wahrheit. Die glaubt niemand.»
Obgleich sich in der letzten Zeit die Meldungen über Brandstiftungen häufen, gewährt Herr Biedermann dem obdachlosen Schmitz Quartier auf seinem Dachboden. Doch ehe er sich versieht, bringt der neue Bewohner auch noch seinen Freund Eisenring und ein paar Benzinkanister mit. Diese Entdeckung der Kanister versetzt Biedermann zwar in Angst und Schrecken, doch kann er sich nicht dazu durchringen, sich die Gefährlichkeit der Lage einzugestehen und die Fremden wieder vor die Tür zu setzen. Stattdessen versucht er, sich den Feind zum Freund zu machen. So trifft die pyromanische Absicht der Brandstifter auf eine Mischung aus Angst, Höflichkeit, Wunsch nach Anpassung und anhaltender Ausblendung der Gefahr. Eine Letztlich tödliche Mischung – nicht nur für Biedermann.
Die Geschichte vom Biedermann, der sich den Untergang sehenden Auges ins Haus holt, hat den grossen Schweizer Autor Max Frisch (1911-1991) über Jahrzehnte begleitet. Immer wieder greift er den Stoff auf, formuliert ihn um, sucht nach neuen Genres. In der früheren Hörspielfassung „Herr Biedermann und die Brandstifter“ stellt der Autor dem Bühnengeschehen eine Verfasserfigur gegenüber die dem späteren Bühnenchor weichen musste: kommentierend, mahnend, die Ereignisse arrangierend und mit einem deutlichen Hang zum Humor. In unserer aktuellen Spielfassung, die sich verstärkt am Hörspiel orientiert, lässt die Texte dieser Figur wieder auf die Bühne kommen, ohne die Idee eines Chores ganz zu verwerfen.