Diese ‹Odyssee› ist weit gereist: von Hamburg übers Theatertreffen nach Südamerika und China. Jetzt ist sie im Theater Basel zu sehen. Das Stück geht der Frage nach, was man machen kann, wenn man ein Leben lang mit einem Übervater konfrontiert wird. Thomas Niehaus und Paul Schröder sind in ihren Rollen schlichtweg grossartig.
Theater Basel | Odyssee
Mit Magie, Musik und zahlreichen Anspielungen erzählt Regisseur Antú Romero Nunes eine uralte Story aus ganz neuer Perspektive.
Ringen mit dem Übervater
Odysseus ist tot. An seinem Sarg treffen seine Söhne erstmals aufeinander. Die beiden sehr heutigen Jungs ringen mit dem abwesenden Übervater. Was macht man, wenn man sein ganzes Leben lang einem solchen Übervater-Narrativ ausgesetzt ist, weil man der Sohn ist? Wenn das Antiken-Lexikon wenig mehr über einen zu sagen hat als: «T. ist der wohlerzogene, rücksichtsvolle, aber seiner Situation nicht immer gewachsene Jüngling, der allmählich zu selbstständigerem Auftreten und Handeln heranwächst und dann dem heimgekehrten Vater umsichtig helfen kann.»
Telemachos’ Leben beginnt bereits mit einem Trauma: Als Säugling wir er vor den Pflug des Vaters gelegt, um dessen geheuchelten Wahnsinn zu entlarven. Zehn Jahre kämpft dann der Vater vor Troja, zehn Jahre irrt er durch die Welt, bevor er zurück nach Hause, nach Ithaka kommt. Da ist Telemachos 20. Ob es Telegonos, sein Halbbruder einfacher hatte? Schwer zu sagen. In der Odyssee wird er gar nicht erst erwähnt. Aber Hesiod berichtet davon, dass er à la Ödipus seinen Vater, eine ihm fremde Person, bei seiner Rückkehr unwissend tötet.