Konflikte in Familie, Religion und Staat – Mozart schürft tief in seiner Oper. Grandiose musikalische Umsestzung am Theater Basel!
Theater Basel I Idomeneo
Kritik
Es ist schon erstaunlich – da dauert ein Opernabend beinahe vier Stunden (inkl. 2 Pausen) und kommt einem in keinem Moment lange vor. … Dass dieser immense Spannungsbogen nie abbricht ist in erster Linie das Verdienst von Dirigent Andrea Marcon und dem La Cetra Barockorchester Basel, welche die eigentlich statische Opera seria mit leidenschaftlichem Impetus zu packendem Leben erwecken. … Als Idomeneo begeistert Steve Davislim mit seinem ebenmässig timbrierten Tenor, virtuos gesetzten Koloraturen in der grossen Arie des zweiten Aktes Fuor del mar und Empfindsamkeit in der Phrasierung. und wenn man dann noch eine Elettra vom Kaliber einer Simone Schneider zur Hand hat, ist diese Arie wahrlich Pflicht.RASEND!!! Nach der betulichen Verzückung, in welche die anderen Figuren nach der Besänftigung des Ungeheures verfallen sind, folgt Elettra mit einem dramatischen Rezitativ und einer der furiosesten Arien aus Mozarts Feder. Simone Schneider bleibt dieser archaisch daherkommenden Figur nichts an Raserei in darstellerischer und vor allem stimmlicher Hinsicht (irres Lachen in der Koloratur) schuldig! … Regisseur David Bösch gelingt dabei das Kunststück, die Geschichte quasi als Sandkastenspiel (Vorgeschichte) beginnen zu lassen und dann den Bogen zum grossen, religionskritischen Welttheater zu spannen.
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Idomeneos Dilemma
Der siegreich aus dem Trojanischen Krieg hervorgegangene Kreterkönig leistet auf der Rückfahrt aus dem Krieg in schwerster Seenot einen fatalen Schwur: Er verspricht dem Meeresgott Poseidon im Falle seiner Rettung, ihm den ersten Menschen zu opfern, den er an Land treffe. Idomeneo überlebt. Der Erste jedoch, der ihm am Strand Kretas begegnet, ist Idamante, sein Sohn. Idomeneo ist entsetzt. Soll er sein eigenes Kind sinnlos ermorden? Idomeneo verheimlicht seinen Schwur und beschliesst, sich mit einer List der Einlösung des Gelübdes zu entziehen: Idamante soll als Gemahl von Agamemnons Tochter Elektra Kreta verlassen und fern von seinem Vater die Herrschaft über Argos übernehmen. Doch die Götter lassen sich nicht täuschen.
Mozarts Vision
In seinem 1780/81 für den Hof in München komponierten «Idomeneo» ringt Mozart bereits um theatrale Wahrhaftigkeit und zeichnet die Vision eines Weltbildes, in dem die Menschen aus den von oben auferlegten Zwängen befreit sein sollen. Mozart bricht hierfür das strenge Schema der Opera seria auf. Seine Musik entführt uns tief in die Gefühlswelten der Protagonisten und lässt uns deren dramatische Konflikte hautnah miterleben.
Das erfolgreiche Gespann
Andrea Marcon und das La Cetra Barockorchester Basel beleben die Klangwelten des «Idomeneo» in Basel neu. Regisseur David Bösch, einer der gefeiertsten Regisseure der jüngeren Generation, gibt mit seiner Inszenierung des Werkes sein Debüt am Theater Basel.