In der Schweizer Erstaufführung befreit das Theater Basel umsichtig Stockhausens «Donnerstag» aus zwanghafter Werktreue und vorgegebenen Deutungsklischees. Ein Augen- und Ohrenschmaus.
Theater Basel | Donnerstag aus «Licht»
Raum-Zeitreise
Klangvisionär Karlheinz Stockhausen, einer der Überväter der Neuen und elektronischen Musik, schuf mit seinem monumentalen Opernzyklus «Licht» nichts Geringeres als eine musikalische Schöpfungsgeschichte, die anhand der sieben Wochentage die Entstehung der Welt aus dem Geiste des Musiktheaters zelebriert. «Donnerstag», die erste der sieben Opern, begibt sich auf eine spirituelle, weltumspannende Reise durch Raum und Zeit: ein musikalischer Urknall, der mit spielerischer Leichtigkeit und berührender Poesie eine geradezu hypnotische Sogkraft zu entfalten vermag.
Musik als Prüfungshelfer
Im Mittelpunkt steht Michael, ein moderner Orpheus, dessen Bestimmung es ist, «die Himmelsmusik den Menschen und die Menschenmusik den Himmlischen» zu bringen. Auf seinem Weg durch das Leben, den «Donnerstag» in verschiedenen Stationen nachzeichnet, gelangt Michael an mehrere exotische Orte auf der Erde und im Weltall, dabei wird er immer wieder mit der dunklen Macht des Luzifers konfrontiert. Doch alle Prüfungen, denen sich Michael auf seiner Suche nach sich selbst zu stellen hat, meistert er souverän – nicht zuletzt mithilfe seiner Trompete und der tröstenden Zauberkraft der Musik.
Schweizer Erstaufführung
Stockhausen entwirft in «Donnerstag» ein klingendes Spektakel, das alle Grenzen des Musiktheaters zu sprengen scheint und selbst die räumlichen Gegebenheiten eines Theaters aufzubrechen versucht: So kommen neben dem Zuschauerraum auch das Foyer sowie der Theatervorplatz zum Klingen. Die Türen des Basler Theaters öffnen sich daher jeweils bereits um 16 Uhr zum «Michaels-Gruss» – Auftakt zu einem Theatermarathon, der nur durch ein Abendessen zwischen dem zweiten und dritten Akt unterbrochen wird und bei Sonnenuntergang auf dem Theatervorplatz ausklingt. 1981 bei seiner Uraufführung an der Mailänder Scala umjubelt, ist Stockhausens Meisterwerk nun erstmals in der Schweiz zu erleben – in einer Inszenierung der jungen amerikanischen Regisseurin Lydia Steier und unter der Leitung des renommierten Neue-Musik-Spezialisten Titus Engel. «Donnerstag» aus dem Opernzyklus «Licht» bildet den Auftakt zu einer Reihe zentraler Werke des Musiktheaters nach 1950.