Das Stück entlarvt soziale Konventionen und Gleichgültigkeit.
In der Inszenierung von Patrick Gusset steht die Frage nach Entsagung und Entzug im Mittelpunkt. Mit welchen Emotionen treten junge Menschen ihrer Umwelt entgegen, was deklarieren sie als relevant?
Theater Basel | Der Fremde
Mann ohne familiäre Bande
Am Strand von Algier wird ein Mann ermordet. Der Täter ist Franzose – ein gewisser Meursault, Büroangestellter ohne Vornamen. Er ist ein Mann ohne familiäre Bande, ohne jegliche Bindungen an die Welt an sich, umso mehr nach dem Tod seiner Mutter, mit der er sich nicht verstand. Im Mordprozess brüskiert er das Gericht und zeigt keine Reue. Schliesslich wird er für diese Tat, die ohne Motiv zu sein scheint und für die er nur die gleissende Sonne verantwortlich machen kann, zum Tode verurteilt. Er geht in den Tod – in der tiefen Überzeugung, dass es keine Hoffnung und keinen Trost für ihn geben wird.
Mörder als Stellvertreter
Albert Camus schrieb seinen weltberühmten Roman «Der Fremde» während des – von ihm als absurd empfundenen – zweiten Weltkriegs. Der Protagonist ist eine höchst ambivalente Figur: Er ist ein Mörder, aber als Stellvertreter für das Aneckende, das Unpassende und die Verweigerung des Konformen könnte man ihn auch positiv deuten. Meursault ist die Inkarnation des Emotionslosen und der Gleichgültigkeit. Er ist der im Moment Lebende, der die Freiheit erst als Freiheit begreift, als er sie nicht mehr hat.
Was ist die Moral von Grenzen
In der Inszenierung von Patrick Gusset, die er mit einer Gruppe Jugendlicher erarbeitet hat, steht die Frage nach Entsagung und Entzug im Mittelpunkt. Mit welchen Emotionen treten junge Menschen ihrer Umwelt entgegen, was deklarieren sie als relevant? Weiter gefragt: Was ist die Moral von Grenzen? Was unterscheidet das Vertraute vom Fremden? Wann ist man Vertrauter, wann Fremder und (wie) kann das alles zusammengehen? Das Projekt des Jungen Hauses sucht mit Camus’ «Fremden» von damals nach dem «Fremden» von heute.