Bewegung in der Schweizer Tanzlandschaft: tanz | faktor hat siebzehn Schweizer Tanzcompagnien auserkoren, von März bis September mit zeitgenössischen Kurzstücken durchs Land zu touren und die erstaunliche Bandbreite des zeitgenössischen Tanzschaffens zu zelebrieren.
tanz | faktor 2016 – 17 Compagnien tanzen durch die Schweiz
Das Teilende und das Geteilte
tanz | faktor ist ein Schweizer Tournee-Format für Kurztanzstücke und fördert die landesweite Kooperation. Für die Ausgabe 2016 hat die Jury aus über neunzig Bewerbungen insgesamt siebzehn Gruppen ausgewählt. Jede dieser Gruppen führt in neun Städten fünf Kurzstücke auf. Das Basler Tänzerinnenkollektiv Bufo Makmal etwa zeigt das Stück INTO PIECES, welches die Einheit, das sich Teilende, das Geteilte und das Dazwischen untersucht und einen beeindruckenden choreografischen Sog erzeugt, der sich einer fixierten Endgültigkeit entzieht.
Sehnsucht nach dem ganz grossen Gefühl
Im Solo NANA der europaweit agierenden Performerin Diane Gemsch treffen wir auf eine Frau, die weiss, was sie will: In einem der Golden Twenties entlehnten Setting stellt sie sich den Liebeskonventionen und Lustnormen unserer Gesellschaft entgegen und lässt sich treiben von der Sehnsucht nach dem ganz grossen Gefühl. Die Genfer Cie Ioannis Mandafounis, Trägerin des schweizerischen Tanzpreises 2015, eröffnet ein Spannungsfeld zwischen Vorstellung und Empfindung. In ihrem Stück ONE ONE ONE! gewinnen die Tänzer die Aufmerksamkeit des Publikums auf ganz besondere Weise: durch Augenkontakt. Die Zuschauenden werden Teil des choreografischen Raumes.
Weisheit übernimmt die Macht
Das Zentralschweizer Performerkollektiv Soom Project will herausfinden, was passiert, wenn sich Menschen aufgrund der Brutalität und Bilderflut der Medien für die Strategie der Abstumpfung entscheiden: DIE JAGD erprobt die passive Form des Widerstands mit einer Art Bewegungslabor zur geistigen Unbeweglichkeit. Auch im Solostück MY BOX geht es um gesellschaftskritische Analysen – um eine Statue, die aus einer Kartonschachtel heraus die ganze Welt regiert. Die Figur ist jedoch keine Tyrannin im üblichen Sinne, denn sie symbolisiert die Weisheit, die Kunst und die Schönheit eines Imperiums. Inspiriert von der griechischen Antike, schickt sie sich an, neue Welten zu erobern. Marion Zurbach von Unplush schuf diese Reflexion der Geschichte als gemeinschaftliche Forschungsarbeit.