Jean Genet (1910–1986), Homosexueller, Krimineller und einer der bedeutendsten Dichter Frankreichs, ist mit seinem Drama DIE ZOFEN ein Meisterwerk gelungen. Regisseur Bastian Kraft inszeniert das Stück über Illusion und Realität für das Schauspielhaus Zürich.
Schauspielhaus Zürich | Die Zofen
- Publiziert am 25. März 2015
Realer Vorfall
Der brutale und scheinbar unmotivierte Mord der Papin-Schwestern an einer Dame der Bourgeoisie und deren Tochter diente Jean Genet als Vorlage zu seinem Kammerspiel. Genet, der wegen Bettelei, Prostitution und Diebstahl wiederholt zu Gefängnis verurteilt wurde, blieb bis zum Ende seines Lebens ein radikaler Aussenseiter. Erst Jean-Paul Sartre, der Genets Werk tief bewunderte, gelang es, die Begnadigung des Verurteilten zu erwirken. Genets Stück DIE ZOFEN ist somit auch ein bisschen eigene Lebenserfahrung des Dichters. Ein Spiel um Macht und Erniedrigung.
Zum Stück
Die Schwestern Claire und Solange dienen als Zofen bei der gnädigen Frau und planen, sie zu vergiften. Monsieur haben sie mit anonymen Briefen unschuldig ins Gefängnis gebracht. Durch eine Tat, die er nicht begangen hat, ist er für die Zofen zum glorreichen Verbrecher geworden, den sie bedingungslos lieben. Nun proben sie die Ermordung der Gattin: Claire, im Kleid der gnädigen Frau, gibt die Herrin, die grausam und höhnisch die Zofe Claire, gespielt von Solange, erniedrigt. Der Auftritt der wahren gnädigen Frau, die den Schwestern mit falschem Respekt und geheuchelter Dankbarkeit begegnet, treibt das Spiel um Macht und Erniedrigung weiter. Ein Telefonanruf unterbricht den Reigen zwischen Illusion und Wirklichkeit. Überraschend wird Monsieur aus dem Gefängnis entlassen. Die Herrin lässt den vergifteten Lindenblütentee unberührt stehen, und die delinquenten Dienstmädchen sehen sich um die «Schönheit ihres Verbrechens» betrogen.
Bastian Kraft
1980 in Göppingen geboren, studierte Angewandte Theaterwissenschaft in Giessen und arbeitete danach als Regieassistent am Burgtheater Wien, wo er mit ersten Inszenierungen auf sich aufmerksam machte. Sein künstlerischer Durchbruch gelang ihm mit Kafkas «Amerika» am Thalia Theater Hamburg, mit dieser Inszenierung gewann er beim Festival «Radikal jung» des Münchner Volkstheaters 2010 den Publikumspreis. Er arbeitete u.a. am Deutschen Theater Berlin, am Schauspielhaus Wien, am Münchner Volkstheater und am Schauspiel Frankfurt und hat immer wieder Romanadaptionen auf die Bühne gebracht – u.a. Helene Hegemanns «Axolotl Road-kill», Virginia Woolfs «Orlando» am Thalia Theater Hamburg oder Oscar Wildes «Das Bildnis des Dorian Gray» am Burgtheater Wien. Am Schauspielhaus Zürich war von ihm 2012 «Der Steppenwolf» nach dem Roman von Hermann Hesse zu sehen.