Eine düstere Geschichte von Lust, Liebe und Mord. Hausherr Andreas Homoki zeigt im Opernhaus Zürich das Komische und Groteske, das hinter dem Triebhaften und der Gewalt stecken.
Opernhaus Zürich I Lady Macbeth von Mzensk
Diese Frau ist zu allem fähig
Die junge Kaufmannsgattin Katerina Ismailowa wird zur dreifachen Mörderin. Ihrem tyrannischen Schwiegervater rührt sie Rattengift ins Pilzgericht, gemeinsam mit ihrem Liebhaber erschlägt sie ihren Ehemann, und noch im sibirischen Straflager reisst sie beim finalen Sprung aus dem Leben eine Nebenbuhlerin mit in den Tod. Trotzdem ist Katerina inmitten einer Horror-Männerwelt aus Habgier, Geilheit und Gewalt die einzige Figur mit menschlichem Antlitz in dieser Oper. Nur für sie hat Schostakowitsch einen mitfühlenden Ton reserviert. Die Gesellschaft, in der sie zur Mörderin wird, ist barbarisch. Schiefmäulig grinsen uns die Fratzen menschlicher Bosheit aus Schostakowitschs grandioser Partitur an.
Wendepunkt im Schaffen von Schostakowitsch
«Lady Macbeth von Mzensk» wurde 1934 in Leningrad uraufgeführt. Nachdem Jossif Stalin 1936 eine Aufführung der Oper besucht hatte, erschien in der Prawda der berühmte Artikel «Chaos statt Musik». Darin wurde das Werk als Ausdruck von «linksradikaler Zügellosigkeit» und «kleinbürgerlichem Neuerertum» gegeisselt. Es verschwand von den Bühnen, Schostakowitsch musste um sein Leben fürchten, komponierte nie wieder eine Oper und verbarg fortan sein wahres musikalisches Fühlen und Denken hinter tausend Masken.
Ein atemberaubender Abend – Kritik
… Gun-Brit Barkmin in der Titelpartie der Katerina Ismailowa gelingt mit diesem sensationellen Rollendebüt eine bewundernswerte, unter die Haut gehende Glanzleistung: Musikalisch bewältigt sie die schwierige Rolle mit ungemein ausdrucksstarkem, bestens fokussiertem und agilem Sopran, durchschreitet mit subtiler dynamischer Nuancierung die unterschiedlichen emotionalen Zustände der Katerina und wirft sich restlos überzeugend mit jeder Faser ihres Körpers in das immense Leiden, in die Sehnsüchte und deren unbändige Erfüllung dieser zutiefst verletzten und verletzlichen Seele .. . Dass diese Empathie für die Mörderin und ihren nach Reichtum und freier Liebe strebenden Lover trotz der das Satirisch-Groteske betonenden Spielanlage möglich wird, ist das Verdienst von Regisseur Andreas Homoki, welcher auch mit seiner zweiten Inszenierung als Intendant (nach dem FLIEGENDEN HOLLÄNDER) dem Zürcher Publikum einen vielschichtigen, hoch spannenden, packenden und auch in seiner Direktheit erschreckenden Musiktheaterabend ermöglicht. …. Ausführliche Würdigung und Hintergründe zum Werk auf oper-aktuell
Die musikalische Leitung der Produktion hat Teodor Currentzis, der temperamentvolle Grieche aus Sibirien, der mit unkonventionellen Interpretationen für Furore sorgt. Intendant Andreas Homoki inszeniert seine zweite Produktion in dieser Spielzeit.