Das ist doch wirres Theater der Stimmungen, ohne wirkliche Geschichte. Wenn man aber nicht versucht sie zu verstehen, wird man verstehen wie aus der kleinen Provinz die grosse Welt werden kann.
Luzerner Theater | In Amrains Welt
Auf der Suche nach der wiedergefundenen Zeit. Der im Jahr 2008 verstorbene Gerhard Meier gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Schweizer Nachkriegsliteratur – dies obwohl er auch unter Viellesern lange Zeit ein echter Geheimtipp blieb. Geboren im Jahr 1917, sammelte Gerhard Meier bereits während seines Studiums erste schriftstellerische Erfahrungen, begann jedoch erst 1957 wieder zu schreiben. Zuvor hatte er seiner Familie zuliebe auf seine Leidenschaft verzichtet und in der benachbarten Lampenfabrik gearbeitet. Zwei Jahrzehnte lang hatte er kein Buch angerührt – «aus Angst, an der Literatur zu zerschellen».
Zu Meiers bekanntesten Figuren gehören Baur und Bindschädler. In den Romanen «Toteninsel», «Borodino», «Die Ballade vom Schneien» und «Das Land der Winde» philosophieren die beiden Freunde über Gott, die Natur, die Kunst, das Leben und den Tod. Mit ihren Dialogen holen sie die weite Welt in das kleine Dorf Amrain, das unschwer als Meiers Heimatort Niederbipp zu erkennen ist. Das Leben Gerhard Meiers und das Gespräch der beiden Freunde sind echte Plädoyers für den Denkraum der Provinz, gerade weil sie sich fernab aller populistischen Heimatparolen bewegen. Provinzler, Weltbürger, Dorf und Weitsicht werden eins bei Gerhard Meier: «Er beschreibt das Nächstliegende so, dass eine maritime Weite es durchflutet. Und wenn ich den Blick vom Buch hebe, um aus meinem Altbaufenster zu schauen, bleibt die Hellsicht erhalten: Möwen umschwirren die Birke. Zum Jura hin erstreckt sich das Meer.» (Michel Mettler)
Mit der Dramatisierung eines der bedeutendsten Schweizer Romanwerke der vergangenen Jahrzehnte setzt das Luzerner Theater die Zusammenarbeit mit dem bekannten Schauspieler und Regisseur Ueli Jäggi fort. Nach Sean O’Caseys «Das Ende vom Anfang» inszenierte er in Luzern mit grossem Erfolg Friedrich Dürrenmatts «Versprechen» und Robert Walsers «Gehülfe».