Dass die Diskrepanz zwischen Liebestraum und Beziehungsrealität ihre komische Seite besitzt, vor allem für Aussenstehende, beweisen auf brillante Weise der Komponist Gaetano Donizetti und sein Textdichter Giovanni Domenico Ruffini in ihrer gemeinsamen Farce.
Luzerner Theater | Don Pasquale
Ins Eheglück hinein geschwärmt
Ein mittelloser junger Mann liebt eine arme junge Witwe. Das Geld besitzt sein Onkel, der jedoch von dieser uneinträglichen Verbindung nichts wissen will und sich stattdessen in eigenes Eheglück hineinschwärmt. Organisieren soll ihm das ein guter Freund, der aber mehr die Zukunft des unglücklichen Neffen im Auge hat. So wird der reiche Onkel als therapeutische Massnahme mit besagter Witwe verheiratet. Doch kaum ist die Hochzeit gefeiert und das Vermögen geteilt, da verwandelt sich die liebreizende, engelsgleiche, unterwürfige Frau in das völlige Gegenteil …
Höhepunkte der italienischen Musikkomödie
Donizetti reichte mit «Don Pasquale» 1843 eine Opera buffa nach, als es diese Gattung eigentlich gar nicht mehr gab – zumindest nicht im Bewusstsein der komponierenden Avantgarde. Dabei ging er seinen bei «L’elisir d’amore» unterbrochenen Weg konsequent weiter, indem er die Figuren verstärkt als menschliche Individuen zeichnete und dem musikalischen Satz, den Wechselfällen jener überdrehten Klamotte entsprechend, zu gesteigerter Beweglichkeit verhalf. So gehört das Werk, obgleich eines der letzten seiner Gattung, zu den Höhepunkten der italienischen Musikkomödie.
Die Moral bleibt im Heute
Die Inszenierung berücksichtigt die Tatsache, dass sich das Werk auffällig auf die Anfänge der italienischen Musikkomödie zurückbezieht. Dementsprechend lustvoll spielt sie mit den Charakteristika, die den Figuren aufgrund ihrer Verankerung in der Tradition der Commedia dell’arte zuwächst. Colombina und Pagliaccio betrügen mit Brighellas Hilfe Pantalone, während Tartaglia die Hand zur Intrige reicht. Das bürgerliche Wohnzimmer eines venezianischen Patriziers weicht am Ende einer idyllischen Fête galante im Freien à la Watteau – und stellt sich für den Düpierten letztlich als Theater heraus. Gleichwohl bleibt die Moral im Heute: Ein Mann, der bei einer Ehe mit der jüngeren Generation das eigene Alter mit Geld zu kompensieren versucht, darf ehrliche Liebe nicht erwarten.