kraut_produktion präsentiert mit “Der Amphibienmensch” ein skurriles Openrprojekt über einen Fischmensch und seine grosse Liebe
kraut_produktion | Der Amphibienmensch
Die Kreatur Amphibienmensch steht für das endlich gelungene Experiment, ein brauchbareres Lebewesen als den Menschen zu kreieren. Einem Jüngling wurden hierfür beim Kurieren seiner Lungenkrankheit erfolgreich Haikiemen implantiert, dank denen nun also auch submarine Lebensräume und -träume erschliessen kann – und deswegen der ganze Stolz der medizinalphilosophischen Wissenschaft ist. Soweit das Konstrukt der literarischen Vorlage. Angesichts der kommenden Erderwärmung scheint es heutzutage ja auch ein durchaus nicht uninteressanter Gedanke zu sein, die Menschheit rechtzeitig auf Unterwasser zu modifizieren. Daran dachte Beljajew nicht, als er 1927 diesen sowjetischen Dreigroschen-Sciencefiction verfasste: Sein Amphibienmensch leidet im Gegenteil unter der Bürde, ein exemplarisches Aushängeschild für menschliches Streben, Hoffen und Bangen sein zu müssen – und an seinem Zwittertum, dessen Liebe weder von Fisch noch Fleisch erwidert wird.
Aber er ist nicht allein mit seinem Dilemma. Auf dem Gelände der Forschungsanstalt menschlicher Utopien tummeln sich noch weitere Resultate perverser wissenschaftlicher Begierden und Fantasien, Subjekte, die jedoch nicht einmal das Glück haben, als gelungene Experimente zu gelten. Sie sind human-evolutionäre Abfallprodukte.
Zu Klängen untergegangener russischer Schlager und ermutigend depressiver Tonträger versuchen sie die Utopie-Maschinerie wieder in Gang zu bringen. Der Amphibienmensch wird zum Strohhalm für nicht zu Ende gedachte Wünsche und die Bühne zu einem Aquarium für streitbare Lebensentwürfe. Ein Requiem der Unvollkommenheit.