Ihrer Schönheit verfallen, gab Apollon Kassandra die Gabe der Weissagung. Als ihn jedoch die Tochter des trojanischen Königs Priamos zurückwies, verfluchte er Kassandra und ihre Nachkommen, auf dass niemand ihren Weissagungen jemals Glauben schenken werde. Katja Brunner und Martina Clavadetschers «Kassandra» trägt ein ungewolltes Kind in sich – das zu ihr spricht. Zwischen Visionen, dystopischen Vorhersehungen und dem «realen» Leben mäandernd, versucht sie sich in der Welt zurechtzufinden.
Kassandras Baby | Eine Theaterinstallation
- Publiziert am 23. April 2021
Patrick Slanzi und Jonathan Bruckmeier widmen sich seit 2013 dem Zusammenspiel von Text und Klang als performativer Akt im schwarzen Raum. Seit 2015 forschen sie als Groupe Nous an Aufführungspraxen in absoluter Dunkelheit. Zusammen mit Markus Kenel und Nicolas Balmer arbeiten sie zudem seit 2019 in 3D-Audio.
Zum Stück
Katja Brunner und Martina Clavadetscher investigieren in «Kassandras Baby» eine normierte Gesellschaft, die noch immer in tradierten Rollenbildern festsitzt. Eine Gesellschaft, die wissentlich auf den Abgrund zusteuert, dem aber keinen Glauben schenkt. Thematisch streifen sie in der Geschichte mehrere Felder. Sie konfrontieren uns mit subtilen soziokulturellen Begebenheiten, lassen uns in die diffuse Welt der Epigenetik eintauchen und werfen einen analytischen Blick auf zeitgenössische Mutterschaft. Und innerhalb dieser Auseinandersetzungen immer wieder die heulend schreiende Frage: Wer bestimmt die Norm?
Wird der Fötus als naive tabula rasa durch die Welt getragen? Ein unbeschriebenes Blatt, das nur dank der hör- und fühlbaren Inputs lernt? Oder sind da bereits Fetzen von angeborenem Wissen, die im Sinne von epigenetischen Episoden abgerufen werden?
Mobiler Erlebnisraum
Groupe Nous entwerfen in ihrer eigens für dieses Projekt konzipierten, mobilen Box einen Erlebnisraum. Einen Raum, den wir alle kennen und trotzdem nicht erinnern können. Den Mutterbauch. Inmitten dieser abgeschotteten, akustischen Welt eines ungeborenen Lebens, folgen wir dessen Gedanken, seinem Bewusstseinsstrom, der aufgrund der klanglichen und stimmlichen Inputs, die bis in den Mutterleib dringen, in gewisse Richtungen fliesst, sich bald versprachlicht und aufbauend lernt.