Jan Sobrie greift in seinen Stücken brisante Fragen der Zeit auf, betrachtet sie aber immer aus überraschenden Perspektiven und bedient sich dabei oft fantastischer Elemente. Ein Markenzeichen seines Schreibens ist der Humor – mal bissig scharf, mal feinfühlig zart. In seinem aktuellen Stück «Nachspielzeit» geht es um die immer grösser werdende Einsamkeit – auch in der Schweiz.
Junges Schauspielhaus Zürich, Schiffbau | Jan Sobrie | Nachspielzeit
- Publiziert am 1. Juni 2018
Ist es Spiel? Oder aber ein Blick mitten ins Leben? Ein Stück über die Einsamkeit des Kellners, mitten im Leben seiner Gäste.
Die Geschichte der anderen als Lebenselixier
«Ich schwebe zwischen den Korbstühlen hin und her wie ein Balletttänzer. Mit Blasen an den Füssen.» – Ein Kellner (Urs Bihler) kümmert sich um das Wohl seiner Gäste. Fast unsichtbar liest er ungeahnte Wünsche von Augen und Lippen ab, plant Aufmerksamkeiten und Annehmlichkeiten bis ins Detail. Die Geschichten der anderen sind sein Lebenselixier. Er liebt und leidet mit den Gästen und übernimmt manchmal sogar die Regie. Je tragischer dabei die Situation des Kellners wird, desto überschäumender, witziger, poetischer ist seine Fantasie. Und wir wissen bald nicht mehr ganz genau, ob das alles Spiel ist oder ob wir mitten ins Leben blicken. Dem Wechselspiel zwischen Fiktion und Realität in der Geschichte folgend, dient dem Jungen Schauspielhaus Zürich erstmals das Eingangsfoyer des Schiffbaus als Aufführungsort.
Minister der Einsamkeit
Einsamkeit spielt in einem Grossteil europäischer Länder eine grosse Rolle. Fühlten sich beispielsweise 2007 noch 30 Prozent der Schweizer Bevölkerung «manchmal bis sehr häufig» einsam, waren es 2012 schon 36,1 Prozent. Diese Entwicklung betrifft die junge Bevölkerung ebenso wie die Gruppe der Älteren. Einsamkeit am Arbeitsplatz wie auch Alterseinsamkeit sind Erscheinungen, die gesamtgesellschaftlich neue Herausforderungen stellen. Im Januar dieses Jahres ernannte zum Beispiel die britische Regierung einen Minister der Einsamkeit.