«Benno Besson – Die Macht von Theater im Kalten Krieg» gibt Einblicke in Werk und Leben des Jahrhundertkünstlers. Um die Theateröffentlichkeit zu erreichen, wird sie im Theater gezeigt. Die Ausstellung vermittelt sein Schaffen in seinem historischen Umfeld und macht seine internationale Wirkung sichtbar. Sie stellt die Frage, warum es einem Schweizer gelingen konnte, die Weltklassespitze des deutschen Theaterolymps zu erklimmen.
Benno Besson – Eine Wanderausstellung huldigt die Schweizer Regiekoryphäe
Er war einer der wichtigsten Theaterregisseure in Europa, international herausragend, epochemachend.
Der Ausstellungskatalog beinhaltet Texte über Benno Besson und sein Umfeld. Die Beiträge stammen von zahlreichen Autor:innen und werden begleitet von einer Vielzahl an Abbildungen. Erhältlich ist der Katalog an den Ausstellungsstandorten. Zur Ausstellung gibt es auch ein Taschenbuch. Es erzählt die Geschichte von Bessons «Drache»-Inszenierung in der «didaktischen» Aufmachung eines «Thrillers». Der Inhalt beruht auf einer theatergeschichtlichen Studie, stark gekürzt und vereinfacht, leicht und spannend zum Lesen.
Besson als Brückenbauer
Benno Besson (1922–2006) war einer der wichtigsten Theaterregisseure in Europa und sein Œuvre ist bis heute für das Theater der Schweiz zentral. Die Ausstellung fragt, wie es einem Schweizer französischer Zunge gelingen konnte, die Weltklassespitze des deutschen Theaterolymps zu erklimmen. Der Kalte Krieg schuf eine strikte Demarkationslinie zwischen Ost und West, deren gedankliche und physische Überschreitung nicht erwünscht war. Unter dem geteilten Himmel wirkte Besson als Brückenbauer. Er galt nicht nur als Regiekoryphäe der Schweiz, sondern obendrein als «Schweizer Übervater des DDR-Theaters» und die DDR war mit Bertolt Brecht die «Bühnenrepublik», auf welche die Theaterwelt blickte.
Als Brechtschüler in der DDR
Bessons war ein Brechtschüler, der durch die Trümmerlandschaft der Nachkriegszeit nach Ost-Berlin reiste. Im Zentrum der Ausstellung steht Bessons persönliches Verhältnis zu Bertolt Brecht. Besson galt als der talentierteste Brechtschüler und war wohl Brechts Wunschnachfolger am Berliner Ensemble. Brechts berühmte Bühne wurde mit einer Besson-Inszenierung eingeweiht. Besson half entscheidend, dass Brecht in der DDR nicht niedergehalten, sondern zum Klassiker werden konnte, in dem er in Frankreich die «Révolution brechtienne» anzettelte. Erst als Tout Paris Brecht zuklatschte, begann die DDR-Obrigkeit ihn zu dulden.
Das Rätsel um den «Drachen»
Bessons Aufstieg in der DDR wird in Form eines Politrätsels mit dem Kolorit eines Politthrillers erzählt. Die Rätselfrage lautet, warum Bessons Inszenierung «Der Drache» trotz Diktaturkritik in der DDR nicht verboten wurde, obwohl die Staatsmacht sich darin hätte erkennen können, dafür bald in aller Munde war, von einer halben Million DDR-Bürger:innen besucht wurde, sich sechzehn Jahre im Spielplan hielt, schliesslich zum Berliner Kulturerbe gehört. Enthüllt wird ein politisches Seilziehen um die legendäre Besson-Inszenierung auf höchster Regierungsebene und auf internationalem Parkett.
Beschützer der Abweichler:innen
Als Intendant der Volksbühne Berlin schuf Besson eine schützende Werkstatt für umstrittene, nicht nur linientreue Künstler:innen. Das darzustellende Milieu kann teils an den Spielfilm «Das Leben der Anderen» erinnern, teils ihn kontrastieren. Wie sehr der Kulturapparat der DDR durch den Schweizer Theaterleiter herausgefordert blieb, zeigen Stasi-Akten. In dem Besson den Autor Heiner Müller förderte, spielte er erneut eine Schlüsselrolle für einen weltbedeutenden Theaterautor. Seine Intendanz stellt in der DDR-Theatergeschichte einen Glanzpunkt dar.
(Text: Institut für Theaterwissenschaft / Verein Schweizerisches Theatermuseum)