Bis heute sind die Daten, die Alfred de Quervain auf seiner Grönland-Expedition 1912 sammelte, für die Wissenschaft von grosser Bedeutung. Mit der Ausstellung «Grönland 1912» begibt sich das Forum Schweizer Geschichte Schwyz auf eine Spurensuche im ewigen Eis und verknüpft sie mit der Gegenwart. Bis heute betreibt die Schweiz in Grönland Gletscherforschung und leistet damit einen wichtigen Beitrag zu einem der zentralsten Themen unserer Zeit: der Klimaerwärmung.
Pioniertaten im ewigen Eis
Auf den Spuren des Schweizers Alfred de Quervain, der als einer der ersten Klimaforscher weltweit in die Geschichte eingeht.
Die Klimaerwärmung und somit die schwindenden Gletscher beschäftigen die Wissenschaft und die Menschheit seit diesem Sommer mehr denn je. Der Rückzug der Eisriesen schreitet unaufhaltsam voran. Bereits vor gut 100 Jahren standen die Gletscher im Fokus der Klimaforschung. Allerdings unter anderen Voraussetzungen: Im 19. Jahrhundert befürchtete man eine neue Eiszeit.
Expedition löst «Polarfieber» aus
Die «Schweizerische Grönland Expedition», welche Alfred de Quervain 1912 unternahm, war etwas ganz Besonderes. Nicht nur die noch junge Klimaforschung interessierte sich für die Daten des Geophysikers aus Bern, auch die Gesellschaft gierte nach abenteuerlichen Geschichten aus dem hohen Norden. Da der Bundesstaat sich nicht an den Kosten der Expedition beteiligte, schloss der Abenteurer einen Vertrag mit der Neuen Zürcher Zeitung ab. Diese bezahlte einen Drittel der Aufwände und sicherte sich im Gegenzug das Recht, exklusiv über de Quervains Expedition im hohen Norden zu berichten. Davon profitierte die Zeitung. In der Schweiz brach mit der Berichterstattung ein regelrechtes «Polarfieber» aus.
Quer durchs Grönlandeis
Der Forscher und Abenteurer Alfred de Quervain war bereits 1909 im ewigen Eis von Grönland unterwegs gewesen. Drei Jahre später kehrte er dorthin zurück, um die Insel zu durchqueren. Das hatte vor ihm erst einer geschafft: Fridtjof Nansen. Und wie es sich für den Schweizer Eismann gehört, musste seine Strecke länger und schwieriger sein als jene des Norwegers, der Grönland 1888 weiter südlich überquert hatte. Und das war sie! De Quervain und seine drei Mitstreiter legten mit Skiern und Hundeschlitten in vier Wochen rund 650 Kilometer zurück. Dabei gingen sie oft an die Belastungsgrenze und mussten gegen Ende ihrer Reise fast alle der 29 mitgenommenen Hunde erschiessen. Das war besonders bitter, da ihnen die Tiere bei der Überquerung treue Dienste geleistet hatten.
Klimabotschaften aus dem ewigen Eis
Die meteorologischen und glaziologischen Daten, die Alfred de Quervain und seine Mitstreiter 1912 gesammelt hatten, waren für die Wissenschaft enorm wertvoll. Bis heute gilt das von ihm erstellte Höhenprofil des Inlandeises als Referenz für wissenschaftliche Studien. Beispielsweise für die Erforschung des Grönländischen Eisschilds, der als zweitgrösster Wasserspeicher der Erde gilt. Durch die Klimaerwärmung ist er in den letzten 15 Jahren stark geschrumpft. Besonders problematisch ist dabei, dass das Schmelzwasser nicht mehr aufgenommen und später wieder zu Eis wird, sondern in den Ozean abfliesst. Dadurch schwinden die Süsswasserreserven und der Meeresspiegel steigt an. Dies haben übrigens Schweizer Forscher 2016 herausgefunden.
Globale Erwärmung: Besuch eines Gletschers in 3D
Mit Originalexponaten und wunderschönen historischen Fotografien beleuchtet die Ausstellung Alfred de Quervains Expedition im ewigen Eis und schlägt einen Bogen zur heutigen Klima- und Gletscherforschung. Mit dem virtuellen Erlebnis im Hochgebirge «Expedition 2 Grad» erfahren die Besucher:innen, was es konkret heisst, wenn sich die Temperatur global um zwei Grad erwärmt. Mit einer 3D-Brille ausgerüstet, können die Auswirkungen auf den Grossen Aletschgletscher in einer virtuellen Welt erlebt werden. Ein breites Rahmenprogramm begleiten die Ausstellung und erlauben vertiefende Einblicke rund um Grönland und die Polarforschung.
(Text: Forum Schweizer Geschichte Schwyz)