Der Schweizer Heimatschutz bietet die Gelegenheit, die bewegte Geschichte der Region zu erkunden. Auf geführten Touren werden architektonisch und kulturgeschichtlich bedeutende Bauten vorgestellt. Vertiefende Hintergrundinformationen, Karten und Bebilderungen ermöglichen eine anschauliche Entdeckung – ob direkt vor Ort oder online.
Perlen der Baukultur in Appenzell Ausserrhoden
Der Schweizer Heimatschutz ist die führende Schweizer Non-Profit-Organisation im Bereich Baukultur. Er ist ein Verein mit 27 000 Mitgliedern und Gönner:innen und besteht seit 1905 als Dachorganisation von 25 kantonalen Sektionen. Der Verein setzt sich dafür ein, dass Baudenkmäler aus verschiedenen Epochen vor dem Abbruch bewahrt werden und weiterbestehen. Ebenso fördert er zeitgemässe und qualitativ hochwertige Architektur bei Neubauten.
Aufbruch, Brände und Baukunst – Appenzeller Orte im Wandel
Heiden, Teufen und Rehetobel zeigen beispielhaft, wie stark wirtschaftliche Entwicklungen und städtebauliche Umbrüche das Appenzellerland geprägt haben. Vom Textilboom über verheerende Brände bis zur Nähe zur Stadt: Die Geschichte dieser Gemeinden erzählt vom ständigen Wandel zwischen Tradition und Fortschritt.
Heiden – Neuaufbau mit grossem Stil
Heiden entwickelte sich im 19. Jahrhundert zum wirtschaftlichen Zentrum des Vorderlandes. Der Textilboom und die zahlreichen Kurhäuser brachten Wohlstand – und die 1875 eröffnete Bergbahn verband den Ort mit der Welt. Nach dem Grossbrand von 1838 entstand das Dorf neu im klassizistisch-biedermeierlichen Stil, geplant auf einem Raster. Diese Anlage zählt bis heute zu den bedeutenden des 19. Jahrhunderts in der Schweiz. Im 20. Jahrhundert setzten innovative Architekten und Ingenieure weitere Akzente: etwa Beda Heftis Schwimmbad oder die modernen Bauten Otto Glaus’, geprägt vom «Neuen Bauen» im Geist Le Corbusiers.
Teufen – Wachstum dank Stadtnähe
Vom ursprünglich landwirtschaftlich geprägten Siedlungsgebiet wurde Teufen ab dem 18. Jahrhundert zu einer wohlhabenden Textil- und Fabrikantengemeinde. Historische Geschäftshäuser zeugen noch heute davon. Mit der wachsenden Bedeutung der Stadt St. Gallen veränderte sich auch Teufens Struktur: Villen, Vorortcharakter, Bauboom. Die Entwicklung brachte Verdichtung – und ein Nebeneinander unterschiedlichster Baustile.
Rehetobel – ein Dorf ohne Platz, aber mit starkem Charakter
Rehetobel wuchs erst mit Kirche und Gemeindegründung ab 1669 zu einem eigentlichen Dorf heran. Die Heimindustrie der Textilverarbeitung prägte Architektur und Alltag. Typische Weber- und Stickerhäuser mit hohen, funktionalen Sockelgeschossen bilden dichte Strassenzüge – ein Ortsbild, das die Blüte der regionalen Textilindustrie einzigartig widerspiegelt. Nach Abwanderungstendenzen im 20. Jahrhundert führten neue Wohngebiete wieder zu Wachstum – allerdings mit weniger Bezug zur historischen Struktur.
Fazit: Die drei Dörfer zeigen: Baukultur ist ein Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen. Wirtschaftliche Höhen, Brüche und Erneuerung haben im Appenzeller Vorderland Spuren hinterlassen – architektonisch vielfältig, regional prägend und bis heute erlebbar.