Das Ikonenmuseum richtet anlässlich des 150-Jahr-Jubiläums von Werner Büchly (1871-1942) die Scheinwerfer auf seine grossen Bildthemen aus der Schweizer Kultur- und Nationalgeschichte. Ikonenhaft prangen Vorbilder und Vorkämpfer an Wänden und Fassaden im gesamten Grossraum Lenzburg und man findet sie sogar in Zürich wieder. Die Gedächtnisausstellung «Helden und Propheten» huldigt erstmals diesem vergessenen Lenzburger Meister.
Ikonenmuseum | Helden und Propheten
Eine Ausstellung mit imposanten Bildthemen zum 150-Jahr-Jubiläum des in Vergessenheit geratenen Lenzburger Künstlers Werner Büchly.
Am 4.11. erscheint eine umfassende Jubiläumspublikation und versucht das Leben und Werk des wiederentdeckten Künstlers reich bebildert zu erfassen. Das Buch ist im Museumsshop und im Buchhandel erhältlich.
Reiches Oeuvre
Der in Vergessenheit geratene Werner Büchly hinterliess ein eindrückliches Werk. Büchly machte sich mit seinen herausragenden Anatomieskizzen während seiner zehnjährigen Tätigkeit an der Universität Basel einen Namen. Darauf folgten zahlreiche prestigeträchtige Aufträge. Seine Moralapostel, Glaubenskrieger und Propheten zieren Hallen und Fassaden von Schulhäusern, Sakralgebäuden und Privatvillen. Für die Gestaltung der Friese und des grossen Wandgemäldes des Zürcher Landesmuseum lief ihm Ferdinand Hodler mit der «Schlacht von Marignano» den Rang ab. Für diesen Zeitgeist können die geflügelten Worte «Hort der Freiheit» und «Für das Leben lernen wir» identifiziert werden. Die Inschriften bei Werken Büchlys verraten den Grundtenor der Hymne für ein freies vorbildhaftes Leben – kurz vor dem Zusammenbruch der alten Ordnung im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts. Zu den bedeutendsten seiner Arbeiten zählen die am Angelrain Schulhaus in Lenzburg und am Pestalozzi-Schulhaus in Birr (1906), in den Krematorien in Aarau und Zürich, im Vindonissa-Museum in Brugg oder in der Pfarrkirche Othmarsingen. Letztere wurden genau vor 100 Jahren, also 1921, ausgeführt. Jüngst erhielt das Museum zudem drei der vier Entwürfe mit den Darstellungen der biblischen Propheten, welche die Wände der Kirche zieren.
Der sakrale Aspekt
Büchlys Werke erzählen die Geschichte von historischen Helden, Göttern und Persönlichkeiten wie etwa des Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi, der Freiheitskämpfer Wilhelm Tell und Arnold Winkelried sowie des Reformators Huldrych Zwingli. Auf der anderen Seite war Büchly im sakralen Kontext tätig, was sich etwa in den Krematorien in Aarau und Zürich oder in der Kirche Othmarsingen sowie in der inzwischen abgebrochenen Abdankungshalle in Lenzburg zeigt. Aus der Welt der Sagen und Legenden begegnen uns Heroen wie Georg der Drachentöter oder Parzival auf der Suche nach dem Heiligen Gral. Der Bacchantenfries (nicht erhalten) an der Weinhandlung Büchli in Lenzburg zeigt mit der mythologischen Szenerie einen kultischen Aspekt. Gerade bei diesen Themen verschwimmen Historie und Kultus und sind dabei inhaltlich wie motivisch nah bei den Ikonen aus dem religiösen Kontext. Büchlys Darstellungen geben den grossen philosophischen Fragen der Menschheit eine Bildfläche. Die Inschrift «Das Welträtsel» am Fries der Villa Gautschi in Boniswil etwa steht in direkter Verbindung mit dem gleichnamigen Buch («Welträthsel», 1899) des deutschen Mediziners, Zeichners und Philosophen Ernst Haeckel (1834-1919). Dabei wird die philosophische, beziehungsweise metaphysische Position des «Monismus» vertreten, wobei unter anderem eine Annäherung der ethischen Grundlagen des Urchristentums an die Naturwissenschaften proklamiert wird. Der Bezug zum Künstler selbst, der sich in Basel während 10 Jahren an der Universität Basel zeichnerisch mit der menschlichen Anatomie auseinandersetzte und den Präparaten in seinem Lenzburger Atelier ist besonders aufschlussreich.
Ein Geheimnis wird gelüftet
Besonders schön ist die Auflösung der Detektivgeschichte um den Klappaltar in der Sammlung des Museum Burghalde. Dieser konnte aufgrund der Anordnung und des Aufbaus der angedeuteten Darstellung als der Entwurf für die Kirchenfenster der reformierten Kirche Lenzburg identifiziert werden. Diese gekonnte Arbeit aus den 1930er Jahren ist zum ersten Mal überhaupt in einer Ausstellung zu sehen und nimmt inhaltlich wie formal ebenfalls direkten Bezug zu den russischen Ikonen.
Text: Ikonenmuseum