Anne Rüffer hat vor bald 20 Jahren ihren grossen Traum verwirklicht und ist Verlegerin geworden. Wie es dazu gekommen ist, und welche Bücher ihr am Herzen liegen, erzählt die frühere Autorin und Journalistin im arttv.ch-Interview.
Verlag Rüffer & Rub Zürich | Interview mit Anne Rüffer
- Publiziert am 29. November 2017
Wie kommt man dazu, einen eigenen Verlag zu gründen?
Irgendwann muss man das, was man wirklich liebt, in die Tat umsetzen. Bei mir kamen damals verschiedene Faktoren zusammen: Ich arbeitete bereits in einem Verlag, der damals liquidiert wurde. Ein inzwischen verstorbener Freund meinte: «Du kannst es doch, was hindert dich daran, nun selbst anzufangen?» Also habe ich meinen Mut zusammengenommen und bin gemeinsam mit Dominique Rub – die damals an einem Buch mit mir arbeitete – in dieses Abenteuer gesprungen, das bis heute anhält, und genau so viel Freude macht wie vor 17 Jahren.
Wieso Sachbücher und keine Belletristik?
Weil es der Bereich ist, aus dem ich komme: Aus meiner ursprünglichen Tätigkeit als Journalistin, die Langzeitreportagen zu sozialen und medizinischen Themen verfasste, verfügte ich über ein enormes Potential an Geschichten und Fakten und stellte immer wieder fest, dass ich nur einen Bruchteil verwenden konnte, obwohl es doch so viel mehr zu erzählen gab. So entstanden die ersten Bücher bei einem Sachbuchverlag.
Auf welche Themen haben Sie sich spezialisiert?
Das Motto unseres Verlages lautet «Sachbücher zu Fragen, die eine Antwort verdienen». Das kann in vielen Bereichen stattfinden, in der Kultur ebenso wie im Bereich Gesundheitspolitik, Sozialwesen oder Zeitgeschehen. Der wichtigste Massstab ist stets die Qualität der Inhalte.
Kriegen Sie fertige Manuskripte zugeschickt oder sind Sie Auftraggeberin?
Das ist ganz unterschiedlich; häufig empfiehlt uns ein bestehender Autor jemanden. Manchmal entstehen neue Ideen im Team, weil sich einer von uns selbst für dieses Thema interessiert und engagiert. Sind alle einverstanden, suchen wir nach geeigneten Autor*innen, denen wir zutrauen, die komplexe Materie so darzustellen, dass ein kritisches Publikum gewonnen werden kann. Und dann kommt es manchmal auch vor, dass uns ein Manuskript erreicht, dass wir alle gut finden.
Welche Auswahlkriterien spielen eine Rolle?
Das Thema muss uns selbst so intensiv interessieren, dass wir bereit sind, dafür zu brennen – das heisst: die Finanzierung suchen, alle Kräfte seitens Lektorat und Gestaltung zu fokussieren, um daraus das beste Buch zu diesem Thema zu machen.
Welcher Bereich bereitet Ihnen persönlich am meisten Spass?
Die Suche nach relevanten Themen und den dazu passenden Autor*innen.
Welchen Bereich empfinden Sie als schwierig?
Die Suche nach der Finanzierung. Obwohl man inzwischen weiss, dass wir nach wie vor fundiertes Wissen am besten aus Büchern lernen, streichen immer mehr Stiftungen die notwendigen Beiträge für Publikationen. Interessanterweise treffe ich immer wieder auf Stifter, die ein Buch schreiben wollen – selbst aber keine Bücher unterstützen. Hier gilt es noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten.
Wieviele Bücher haben Sie insgesamt herausgegeben?
Ich bin nicht eine, die sich vor’s Regal stellt und sich selbst bewundert. Aber das müssten inzwischen über 100 sein. Pro Jahr bringen wir zwischen 6 und 8 Bücher heraus – wenn sie uns überzeugen.
Welches von all diesen Büchern liegt Ihnen am meisten am Herzen?
Jedes, das die Menschen erreicht, die mit dem Thema zu tun haben und die uns zurückmelden, dass die Antworten in dem entsprechenden Buch für sie eine wichtige Quelle sind.
Welches Buch hat sich am besten verkauft?
Zahlen, Zahlen, Zahlen – selbstverständlich freuen wir uns, wenn die Verkaufszahlen ungeahnte Höhen erreichen, wie etwa «Swiss Paradise» von Rolf Lyssy, der darin seine Lebensgeschichte und die Bewältigung seiner Depression erzählt. Zugleich verlieren Verkaufszahlen ein wenig von ihrer Dominanz, wenn es einem Buch gelingt, die Menschen aufzuklären und zu mobilisieren, wie das etwa Irene Bopp-Kistler in ihrem Buch «demenz.» tut, welches die Ängste rund um die Alzheimer-Erkrankung verstehen lässt und die Betroffenen wie ihre Angehörigen ermutigt, wirksame Massnahmen zu bündeln. Zugleich: Dieses Buch verkauft sich extrem gut, weil es das Standardwerk zum Thema Demenz ist.
Und welches Buch würden Sie auf die berühmte einsame Insel mitnehmen?
Als Jugendliche habe ich alle Karl May-Bände gelesen und mit den Kindern aus unserem Dorf nachgespielt, also müsste es ein Buch sein, dass solche Welten eröffnet. Falls es bei einem bleiben muss, dann würde ich aktuell «Das achte Leben für Bilka» von Nino Haratischwili mitnehmen. Und dann noch «Just Kids» von Patti Smith, alles von Joan Didion und Pascale Kramer – falls Sie mir das jetzt nicht rausstreichen…