Zum vierten Mal plaudert die in Berlin lebende Exilschweizerin Susann Sitzler aus dem Nähkästchen: «Total alles über die Schweiz» heisst ihre neueste Fibel, erschienen beim Folioverlag.
Susann Sitzler | «Total alles über die Schweiz»
- Publiziert am 4. Dezember 2015
Frecher Blick in die Bunker und andere Ecken
Susann Sitzler und die Buchgestalterinnen von no.parking stellen in amüsanten Schaubildern und Grafiken mit viel Humor all das dar, was die Schweiz ausmacht: Von Schweizer Käse und Schokolade, Birchermüesli und Ricola über Alphörner, Bernhardiner und Einbürgerungen geht die Reise durch die Eidgenossenschaft mit Heidi, Emil, Tell und Generalabonnement bis auf’s Rütli, zu den Landsgemeinden und ins CERN. Susann Sitzler schaut in alle Ecken der Kantone, wagt den Blick über den Röstigraben und beleuchtet sogar Privatbunker und Bankgeheimnisse. Grüeziwohl!
Schweizerin im Exil
Die Autorin: Susann Sitzler, 1970 in Basel geboren und dort aufgewachsen, lebt als Journalistin und Autorin in Berlin. Zahlreiche Buchveröffentlichungen zu gesellschaftlichen Themen. Mit der Schweiz hat sich die Exilschweizerin schon in früheren Büchern auseinandergesetzt: «Grüezi und Willkommen: Die Schweiz, ein Länderporträt» (6. Auflage 2012), «Aus dem Chuchichäschtli geplaudert» (2008), «Überleben in Zürich» (3. Auflage 2012). Die Gestalterinnen von no.parking wiederum sind eine Agentur für Kommunikation und Gestaltung in Vicenza: Vier Frauen, die zwischen deutschem und italienischem Kulturraum hin und her switchen und Design als etwas begreifen, das unser Leben schöner macht, nützlich ist und allen zugänglich sein sollte.
Kurzinterview
Literaturagent Urs Hein Aerni hat die Autorin Susann Sitzler befragt:
Zusammen mit Buchgestalterinnen vermitteln Sie Infos, Fakten und Amüsantes über die Schweiz. Was hat Sie bei den Recherchen am meisten überrascht?
Wie viele Parallelwelten und parallele Realitäten auf extrem kleinem Raum vereint sind. Ich habe den Eindruck, jeder Schweizer ist der Meinung, er ticke schon vollkommen anders als sein Nachbar im Haus nebenan.
Das Buch ist nun da, man verliert sich in Daten und witzigen Bildern. Welche Sorgen machen Sie sich nun nach der Arbeit über die Schweiz?
Ich versuche mir ganz generell nicht zu viele Sorgen zu machen – da bin ich eine untypische Schweizerin…
Aha…
Im Ernst: Dadurch, dass ich gewissermassen einen nüchternen Blick von aussen auf das Land werfen kann, sehe ich weniger Anlass zur Sorge als es vielleicht jemand kann, der mittendrin lebt. Die Schweiz ist immer noch extrem wohlhabend und in den Bereichen, die kontrollierbar sind, auch sehr sicher. Da muss man sich um andere Bevölkerungen zur Zeit wohl sehr viel mehr Sorgen machen. Beunruhigend finde ich allenfalls, dass sich viele Schweizer ihrer glücklichen Lage nicht bewusst sind und ihre diffusen Verlustängste manchmal etwas zu bereitwillig politisch instrumentalisieren lassen.
Sie wurden in Basel geboren und leben schon lange in Berlin. Was lässt Sie in Berlin bleiben?
Der optimale Abstand zur Schweiz. Was das Lebensgefühl betrifft, ist Berlin sehr weit weg von der Schweiz. Tatsächlich liegt dazwischen aber nur eine Stunde Flug.
Welche herrschenden Missverständnisse über die Schweiz müssen Sie immer wieder in Deutschland korrigieren?
Dass die SVP das Zeug dazu hat, aus der Schweiz einen rechtsnationalistischen Staat nach Art der Nazis zu machen.
Und umgekehrt?
Dass Deutsche arrogant sind und sich immer in den Vordergrund drängen wollen. Die können nur einfach besser Hochdeutsch und trauen sich lauter zu reden. In ihrer Gesellschaft hat das auch einen Sinn: Dort muss man sich laut bemerkbar machen, wenn man gehört werden will.
Wenn ich einen Menschen mit Ihrem Buch in den Händen malen müsste, wie soll es aussehen?
Mit einem Grinsen im Gesicht und einem Licht-aufgeh-Symbol über dem Kopf.