Die rumänische Dichterin und Übersetzerin Nora Iuga wohnt und arbeitet als Gast Im Atelier des Müllerhauses Lenzburg.
Nora Iuga zu Gast im Müllerhaus Lenzburg
wenn ich morgens erwache
bevor mir das licht
das auge entzweischneidet
erscheint dein bild
auf dem schwarzen und kompakten negativ
wie ein wachhund für meinen schlaf
wie ein mond der zischend
in der kaffeetasse
verlischt
Eines von rund hundert erlesenen Gedichten Nora Iugas, die in der Übersetzung von Ernest Wichner kürzlich im Klett-Cotta Verlag erschienen sind. Der Band «Gefährliche Launen» versammelt zum ersten Mal in deutscher Sprache eine von der Autorin zusammengestellte substantielle Auswahl aus ihrem lyrischen Lebenswerk.
Mircea Cartarescu schreibt im Nachwort: Keinerlei Süsslichkeiten, keinerlei Krücken zum besseren Verständnis. Jedes Gedicht ist eine rätselhafte Statue auf einem leeren Platz. Aber die Statue einer kruden Göttin, die kompromisslos die ihr zustehenden Opfergaben einfordert.
Die 77jährige Bukaresterin ist nicht nur die bedeutendste rumänische Lyrikerin. Sie ist auch eine herausragende Übersetzerin und Vermittlerin deutschsprachiger Literatur. Texte von Herta Müller, Elfriede Jelinek, Günter Grass, Aglaja Veteranyi, Oskar Pastior und vielen anderen hat sie ins Rumänische übersetzt.
Nora Iuga ist weit gereist. Auch und vor allem in der Welt der Wörter. Als Writer-in-residence im Müllerhaus Lenzburg erkundet sie derzeit mit Unterstützung des Aargauer Kuratoriums die Schweiz. Am 20. Februar stellte sie sich an einer Lesung im Müllerhaus dem Publikum vor.