Karin Kneffels neue Werkgruppe der Madonnen beschäftigt sich auf moderne und komplexe Weise mit diesem religiös wie kunsthistorisch aufgeladenen Thema. Zusätzlich zur zentralen Werkgruppe der Madonnenbilder wird die Ausstellung durch weitere Arbeiten von Karin Kneffel ergänzt, so dass die Präsentation eine religiös anmutende, aber auch existentielle Komponente erhält.
Zwischen Ekstase und Entrückung: Karin Kneffel rückt die Mutter Gottes in den Fokus
Monumentale Gemälde mit bildfüllenden, reifen Äpfeln und Weintrauben hatten die deutsche Künstlerin einst weltberühmt gemacht.
1957 in Marl (D) geboren, lebt und arbeitet Karin Kneffel heute in Düsseldorf. Bevor sie sich der bildenden Kunst zuwandte, studierte sie in Münster und Duisburg-Essen Germanistik und Philosophie, womit sie sich das inhaltliche Rüstzeug für ihre komplexen Bildwelten aneignete. An der Düsseldorfer Kunstakademie studierte sie bei Johannes Brus und Norbert Tadeusz. Bei Gerhard Richter, dessen Motive sie unter anderem fragmentarisch abmalte oder kunsthistorisch versiert zitierte, schloss sie schliesslich ihr Studium als Meisterschülerin ab. Mit dem Lingener Kunstpreis und als Stipendiatin der Villa Massimo in Rom erhielt Kneffel schon früh Preise und Auszeichnungen. Sie unterrichtete unter anderem an der Iceland Academy of the Arts in Reykjavik, Island, an der Hochschule für Künste in Bremen und an der Akademie der Bildenden Künste München.
Äpfeln und Weintrauben
Karin Kneffel monumentalen Gemälde zeigen nicht nur reines Obst, sondern fungieren als frugale Verlockung und Betörung. Sie funktionieren bei Betrachtenden auf einer niederschwelligen, intuitiven Ebene und erwecken sinnbildliche Assoziationen von Verführung und Fruchtbarkeit. Durch ihre Bilder mit klaren Botschaften, starken Farben und extremem Realismus ist Karin Kneffel heute eine der erfolgreichsten und eigenständigsten Malerinnen Europas. Nach der ersten Station im Museum Kurhaus Kleve (2023/24) präsentiert Karin Kneffel auch in Burgdorf ihre neue, zuvor in Museen noch nicht gezeigte Werkserie, die sie während der durch das Coronavirus bedingten Isolation der vergangenen Jahre geschaffen hat.
Madonnenstatuen des 15. bis 16. Jahrhunderts
Bis auf wenige vorausgegangene Ausnahmen macht die Künstlerin nun erstmals überhaupt das Menschenbild zum Thema. Sie malt Madonnenstatuen des 15. bis 16. Jahrhunderts mit einer besonderen farbigen Fassung, die sie im In- und Ausland, vor allem in Italien und Rumänien gefunden hat. Dabei konzentriert sie sich ausnahmslos auf die Gesichter und Köpfe der Figuren. Die neuen Werke bestehen jeweils aus einem Diptychon, dem Marienantlitz und dem Kopf mit Büste des dazu gehörigen Jesusknaben. Zwischen den skulptural wirkenden Gesichtern werden vielfältige Bezüge deutlich: Die Ekstase oder auch Entrückung der Marien, die auf ihr Jesuskind herabsehen und dabei sowohl ihre eigene Rolle als Gottesmutter wie auch das Mitleid und Erbarmen im Angesicht des Schicksals ihres Kindes reflektieren. Die Kinder wiederum spiegeln kindlichen Frohsinn, liebevolle Hingabe oder prophetische Weitsicht wider.
(Textgrundlage: Museum Franz Gertsch)