Elektrizität spielt für unser tägliches Leben eine zentrale Rolle, gleichzeitig birgt ihre Produktion Gefahren und schafft ungelöste Probleme. In Laufenburg gab es mit dem Wasserkraftwerk (1914) und dem Stern von Laufenburg (1958) gleich zwei Meilensteine der Stromversorgung, nun soll ab 2025 ein Rechenzentrum mit enormer Speicherbatterie entstehen. Wie vertragen sich Elektrizität und Ökologie? Die Ausstellung zeigt Werke, in denen künstlerische Forschung und Technologie aufeinandertreffen
Wie soll die Technologie der Zukunft aussehen?
- Publiziert am 8. November 2024
Zwei zeitgenössische Kunstschaffende treffen auf Werke des Künstlers und Erfinders Paul Schatz.
Biografien
Vanessa Billy schafft für das Rehmann Museum mit Abfällen aus der Landwirtschaft und technologischen Materialien eine Werkgruppe, welche die Materialität und ihre Lebendigkeit erforschen. Dabei verbindet sie einfache Grundmaterien mit den Produkten zur industriellen Erzeugung von Elektrizität. Indem sie auf diese Weise bestehende Hierarchien zwischen menschlichen und nichtmenschlichen Akteuren auflöst, ermöglicht sie eine neue Perspektive auf die Energiegewinnung und verkörpertem Wissen. Sie nimmt somit das Verhältnis zwischen zwei Akteuren (menschlich/nichtmenschlich) in den Blick und schafft gleichsam eine Intra-Aktion.
Im Sommer 2024 verbrachte Brodie Ellis fünf Wochen in Laufenburg. Sie nutzte die Zeit, um zwei skulpturale Installationen und eine Videoarbeit zu schaffen, die sich mit der Energieerzeugung, -speicherung und -management befassen. Dabei geht es ihr um die Integration von kulturellem Wissen, die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen und die Berücksichtigung komplexer Ökosysteme beim Einsatz neuer und konventioneller Technologien. Indem sie einen Kontrollraum und ein Batteriespeichersystem auf ihre Weise interpretiert, Elemente aus der Natur und Teile des kulturellen und generationenübergreifenden Wissens aus der Laufenburger Gesellschaft einbezieht, entwickelt die Künstlerin eine neue Perspektive auf diese verborgenen Ressourcen – jenseits des Fortschrittsstrebens auf Kosten der Umwelt.
Nach dem Studium von Maschinenbau, Mathematik und Astronomie, sowie dem Besuch von Vorlesungen der Philosophie bildete sich Paul Schatz (1898–1979) zum Holzbildhauer aus. Er wandte sich 1925 der Anthroposophie zu. Schon 1929 entdeckte Paul Schatz den umstülpbaren Würfel, aus dem er den Schüttelmischer Turbula weiterentwickelte, der heute noch in der chemischen und pharmazeutischen Industrie Anwendung findet. Ebenfalls entwickelte er daraus die Oloid-Form. Paul Schatz fand für diesen fundamental neuen Körper wegweisende Anwendungen. Das Oloid wird zur Wasserreinigung und -aufbereitung verwendet, aber auch als Schiffsantrieb. Dieses raumgeometrische Objekt dient als Inspirationsquelle für die technische Wissenschaft und die Forschung, aber auch für die Bildenden Künste, die Architektur, die Philosophie, die Musik und die Umwelttechnik. Weniger bekannt ist, dass Paul Schatz ein alternatives Windrad entwickelte, das zur Energiegewinnung eingesetzt werden könnte, und dass er auf vielen weiteren Gebieten forschte. In der Ausstellung werden Modelle des Oloids und von anderen Formen und Geräten ausgestellt, sowie Einblicke in die Forschung und künstlerische Arbeit von Paul Schatz geboten, die dank dem Paul Schatz Archiv gut dokumentiert sind.
Fortschritt und Nachhaltigkeit in der Kunst
Vanessa Billy (*1978 in Genf, wohnhaft in Zürich) und Brodie Ellis (*1979 in Lismore, wohnhaft im Dja Dja Wurrung Country, Castlemaine, Australien) setzen sich mit der Frage zur elektrischen Infrastruktur in der Region auseinander. Mit diesem archäologischen Ansatz und dem Augenmerk auf Fortschrittsglauben und Nachhaltigkeit suchen sie einen neuen Blick in die Zukunft. Dafür schaffen sie im Rehmann Museum ortsbezogene Werke, die auf diese Fragen keine eindeutigen Antworten liefern wollen, aber eine künstlerische Sicht auf dringende Voraussetzungen für neue Technologien bieten. Wissenschaftlich-ästhetische Anregungen finden sich im Werk des Mathematikers und Künstlers Paul Schatz (1898–1979, geboren in Konstanz, verstorben in Arlesheim), der sich zeitlebens für eine ‹naturfreundliche Maschinenbaukunst› und für umweltverträgliche Zukunftstechnologien einsetzte.
(Textgrundlage: Rehmann Museum)