Schönheit und Vergänglichkeit, Identität und Dekonstruktion sind die Themen der zweiten Ausstellung in der Reihe «fields of dissappearance». Der (eigene) Körper wird dabei zum Motiv und Ausdrucksmittel, zu Beobachtungsfeld und Projektionsfläche physischer und psychischer Zustände.
Stiftung Binz39 Zürich | fields of disappearance
Selbstoptimierungswahn und Eitelkeit
Die Videoarbeiten und Performances von Ursula Hodel stellen jugendliche Schönheit in oppulenten, lustvollen, oft absurden Inszenierungen in Frage: In Godiva (1997) steht Hodels theatralisch inszenierter Verzehr von Pralinen für mehr als zügellose Schokoladenfreuden; In FAT (2003) sitzt die Künstlerin in einem Meer aus Schmalz und trägt resolut grosse Mengen Fett auf ihren eigenen, nackten Körper auf, nicht ohne immer wieder den Blick des Zuschauenden zu suchen – ein grotesk schönes Denkmal für Selbstoptimierungswahn und Eitelkeit. Überraschend direkt und ungeschönt wirkt auch die Werkserie «Ich und die Andere – Selbstportraits» von Corinne Güdemann. Aus dem anfänglich sporadischen Abmalen des eigenen Spiegelbilds ist eine seit mehr als 20 Jahren laufende Werkserie entstanden. Wandel und Veränderung zeigen sich hier nicht nur im eigenen Alterungsprozess, der in Öl festgehalten wird. Als Werkreihe spiegeln die Arbeiten der letzten zwanzig Jahre auch Güdemanns malerische Entwicklung wider, in der das Selbstportraitieren zum wichtigen Bestandteil für künstlerische Weiterentwicklung wurde.
Menschliche Aggregatszustände
Marion Strunk webt mit Stickereien in die scheinbare Realität der Fotografie eigene Geschichten. «Album» (2018) besteht aus gefundenen Familienfotos; der Faden, der als Material real erfahrbar ist und doch Fiktion erzeugen kann, lässt die Familiendarstellungen als Gewebe, als Einschreibungen und Vorstellungsbilder erscheinen. In den Videoinstallationen von Anina Schenker wird der Körper zum Beobachtungsfeld von physischen und psychischen Zuständen. In «from dusk till dawn» (2008) erscheinen auf drei Screens überlebensgross projizierte, liegende, kauernde oder schlafende Körper wie atmende Landschaften, hinter denen undefinierte Materie aufsteigt: Nebel? Flammen? Oder Träume? Suggestiv wie die Bilder ist auch der unterlegte Ton, der den Eindruck pulsierender Atmung atmosphärisch verdichtet. An gesammelte medizinhistorische Exponate erinnert die Installation «ex vivo – in vitro» (Work in progress seit 2014) von Franticek Klossner. Auf grosse, mit Wasser gefüllte Glasballons projiziert, erscheinen Gesichter, sich windende Körper und Köpfe. Die gewölbten Volumen verzerren die darin projizierten Bilder. Rätselhaftes Gerede begleitet die bewegten und doch konservierten Individuen. Zwischen Auflösung und Transformation werden sie zur «Forschung menschlicher Aggregatzustände».