Wie viele herausragende Vertreterinnen der Avantgarde erlangte die Turiner Künstlerin erst spät Anerkennung. Diese kam im Wesentlichen mit dem Goldenen Löwen der 50. Biennale von Venedig im jähre 2003. Das Kunstmuseum Bern widmet der Non-Konformistin und Pionierin der feministischen Kunst die erste umfangreiche Retrospektive in der Schweiz.
Sexualität, Wahn, Krankheit und Tod
- Publiziert am 14. Februar 2025
Unkonventionelle Autodidaktin
Mit rund 110 Werken aus 70 Jahren Schaffen präsentiert Carol Rama. Rebellin der Moderne die vielen Facetten eines durch Rebellion, Radikalität, Experimentierfreudigkeit und Materialvielfalt geprägtes Gesamtwerk. Unabhängig von Schulen und künstlerischen Gruppierungen schuf die Autodidaktin ein unkonventionelles, provokantes und zugleich sehr persönliches Werk, das sich nicht in klare Kategorien einordnen lässt.
Carol Rama – Geprägt durch Schicksale
Die Italienerin Carol Rama (vollständiger Name: Olga Carol Rama; * 17. April 1918 in Turin; † 25. September 2015 ebenda1) beschäftigte sich vorwiegend mit erotischen Motiven aus einer feministischen Perspektive heraus. Die autodidaktische Künstlerin wurde 1918 als jüngste Tochter eines Reifenfabrikanten geboren. Der Vater beging 1942 Suizid, nachdem sein Unternehmen gescheitert war, was Ramas Mutter stark belastete, so dass sich diese in psychiatrische Behandlung begeben musste. 1933 arbeitete Rama an ihren ersten Bildern. Später verarbeitete sie ihre Erfahrungen aus den Klinikbesuchen ihrer Mutter künstlerisch. In das Jahr 1940 fiel der Beginn einer lebenslangen Beziehung zum Male r Felice Casorati. Im Jahr 1945 wurde eine Ausstellung mit Aquarellen, die explizit sexuelle Inhalte zeigten, in der Galerie Faber in Turin durch die Polizei geschlossen, und die Bilder wurden beschlagnahmt. Seit 1946 pflegte sie eine enge Freundschaft zu dem Dichter Edoardo Sanguineti.
Biennale in Venedig
Im Jahr 1948 nahm sie erstmals an der Biennale in Venedig teil. 1950 erfolgte eine Zusammenarbeit mit der Gruppe Movimento Arte Concreta und entstanden Kontakte zu den Neo-Surrealisten wie Italo Cremona (1905–1979). 1970 begann sie mit dem Material Gummi zu arbeiten und traf namhafte Künstler wie Man Ray und Andy Warhol. Im Jahr 1980 nahm sie an der Ausstellung «Die andere Hälfte der Avantgarde» im Palazzo Reale in Mailand teil. 1998 folgte eine Retrospektive im Stedelijk Museum, Amsterdam. 2003 erhielt sie einen Goldenen Löwen für ihr Lebenswerk auf der Biennale Venedig.