Die Einzelschau von Bettina Pousttchi (geb. 1971 in Mainz, DE) ermöglicht einen tiefen Einblick in das vielschichtige Schaffen der Künstlerin, die vor allem mit ortsspezifischen, monumentalen Fassadeninstallationen im öffentlichen Raum Bekanntheit erlangte. In unterschiedlichen formalen Setzungen betonen sie das Prozesshafte und Fluide und reflektieren gesellschaftliche Veränderungen.
Neue skulpturale Werke von Bettina Pousttchi
- Publiziert am 13. Februar 2024
Das Haus Konstruktiv zeigt Skulpturen, fotografische Arbeiten und Wandobjekte, die überwiegend nur für die Ausstellung entstanden sind.
Bettina Pousttchi studierte an der Kunstakademie in Düsseldorf und absolvierte das Whitney Independent Study Program in New York. Sie lebt in Berlin. Pousttchi hat zahlreiche institutionelle Einzelausstellungen weltweit realisiert. In den Sommern 2022/2023 präsentierte die Bundeskunsthalle Bonn «The Curve», eine grossformatige interaktive Installation von Bettina Pousttchi auf dem Dach des Museums. Eine über sechs Meter hohe Skulptur aus der Serie «Vertical Highways» ist seit April 2023 am Hauptbahnhof Berlin dauerhaft installiert.
Objekte des Alltags
Bettina Pousttchi entwickelt ihre Skulpturen für Innen- sowie Aussenräume und nimmt mit ihnen Bezug auf die architektonischen, sozialen und kulturellen Implikationen des jeweiligen Settings. Bereits seit einigen Jahren greift sie dafür auf Objekte zurück, die den öffentlichen Raum strukturieren und die körperliche Erfahrung des Stadtraums prägen, darunter Leitplanken, Absperrgitter, Fahrrad- und Baumschutzbügel. Durch Massnahmen wie Biegen oder Pressen sowie farbliche Neugestaltungen enthebt Pousttchi die Alltagsobjekte ihrer regulativen Funktion und löst sie aus ihrem Sinnzusammenhang, wodurch sie zu Zeichen von Veränderung, fluiden Strukturen und sich auflösenden Grenzen werden. Mit der seriellen Verwendung des Ausgangsmaterials schliesst die Künstlerin konzeptuell an die Minimal Art an, und auch an Marcel Duchamps Readymades mag man sich beim Anblick mancher Objekte erinnert fühlen.
Vertical Highways
Das skulpturale Werk steht im Zentrum von Pousttchis Ausstellung im Haus Konstruktiv: Arbeiten aus Stahl, Keramik und mit Licht. Es wird ergänzt durch neue Fotoarbeiten, die im facettenreichen Schaffen dieser international renommierten Künstlerin ebenfalls eine wichtige Rolle einnehmen. Den Auftakt der Schau in der grossen Halle im Erdgeschoss des Museums bilden die raumgreifenden Skulpturen der Serie «Vertical Highways»; aufgerichtete Leitplanken in kräftiger Farbgebung, die mechanisch so verbogen, gestaucht und ineinander verkeilt wurden, dass die abstrakten Formen im Raum wie übergrosse tanzende Figuren wirken. Einige Objekte tragen Zusatztitel wie «A28» oder «A33». Es sind Bezeichnungen für deutsche Autobahnen, die den ursprünglichen Verwendungszweck des Materials aufblitzen lassen.
Zwischen Kunst und Signaletik
Eine Weiterentwicklung dieser Serie stellen die neuen Skulpturen Progressions dar, die erstmals in einem Museum präsentiert werden und der Ausstellung ihren Namen leihen. Die unterschiedlich hohen Leitplanken sind linear aufsteigend angeordnet, wodurch sich der Bewegungseindruck verstärkt, ein für den skulpturalen Ansatz der Künstlerin charakteristischer Aspekt. Die Objekte oszillieren zwischen Kunst und Signaletik, wobei in der realen Welt wohl kaum je derart viele Wegweiser auf engstem Raum zu finden sind. So viele gangbare Richtungen, so viele Möglichkeiten.
(Textgrundlage: Museum Haus Konstruktiv)