Die Schweizer Kunstwelt blickte verwundert nach Zug, als der langjährige und verdiente Direktor Matthias Haldemann erst freigestellt und dann entlassen wurde. Es folgten monatelange Spekulationen, Rechtsstreitigkeiten und ein Rätselraten um die genauen Hintergründe. Mit der Präsentation des Jahresprogramms 2026 und nach seinem Annus horribilis scheint das Kunsthaus Zug den Blick entschlossen nach vorne zu richten. Es ist mehr als nur ein Neustart – es ist eine Ansage!
Neubeginn nach Turbulenzen
- Publiziert am 18. November 2025
Chronologie der Ereignisse: Der Eklat um Matthias Haldemann
Die Krise im Kunsthaus Zug entwickelte sich über mehrere Monate im Jahr 2025 und gipfelte in der Entlassung des langjährigen Direktors.
April 2025: Der Konflikt eskaliert. Am Ostersamstag gibt die Zuger Kunstgesellschaft bekannt, dass sie ihren Direktor Matthias Haldemann per sofort bis Ende Mai beurlaubt hat. Gleichzeitig tritt der Präsident der Kunstgesellschaft, Reto Fetz, zurück. Als Gründe werden «seit längerem bestehende Differenzen zwischen Direktion, Personal sowie den Gremien des Hauses» genannt. Die Beurlaubung sei als «Denkpause» gedacht. Matthias Haldemann äussert sich öffentlich und zeigt sich «völlig überrascht» von der Massnahme. Er betont, die genauen Gründe nicht zu kennen.
Juni 2025: Die Beurlaubung wird über den ursprünglich geplanten Termin (31. Mai) hinaus verlängert. Haldemann bleibt beurlaubt. Die Interimsvorsitzende der Kunstgesellschaft, Silvia Grämiger, meldet sich zu Wort und spricht von der Beurlaubung als «Notbremse». In der Kunstwelt regt sich Solidarität für Haldemann. Über dreissig Persönlichkeiten aus der Kunstszene kritisieren das Vorgehen in einem Protestbrief. Haldemann selbst nimmt in einem offenen Brief Stellung.
Juli 2025: Es wird bekannt, dass Haldemann die Kündigung erhalten hat – auf Ende Jahr. Haldemann bezeichnet die Kündigung umgehend als «missbräuchlich» und kündigt rechtliche Schritte an. Ein Rechtsstreit beginnt.
August 2025: Der Zuger Regierungsrat beantwortet eine Kleine Anfrage aus dem Kantonsrat zum Betrieb und der Zukunft des Kunsthauses. Es wird bestätigt, dass der Regierungsrat die Trennungsgründe kennt, aber die Details bleiben weitgehend intern.
September 2025: Die «Zuger Zeitung» berichtet von einem «Eklat, Kursänderung und Modernisierung» im Kunsthaus. Die ungeklärten Umstände der Entlassung belasten weiterhin das Haus, aber der Blick richtet sich zunehmend auf die Zukunft und die Neuorganisation.
November 2025: Die neue Präsidentin der Zuger Kunstgesellschaft, Silvia Grämiger, spricht in Interviews über die Turbulenzen und die Zukunft des Kunsthauses, um Vertrauen zurückzugewinnen. Das Kunsthaus Zug präsentiert sein Programm für 2026.
Die Chronologie zeigt das Ausmass der internen Krise, die das Kunsthaus Zug durchlaufen hat, bevor es nun mit dem neuen Jahresprogramm 2026 einen positiven und äusserst vielversprechenden Neustart wagt.
Ein neues Kapitel
Die Ausstellungen im kommenden Jahr haben das Potenzial, das Kunsthaus Zug ganz nach vorne in der Schweizer Museumslandschaft zu katapultieren. Das neue Programm steht unter einem poetischen Motto: «Was erzählen Dinge, wenn man ihnen zuhört?» Diese Herangehensweise, die die reichhaltigen Bestände des Hauses in den Dialog stellt mit bedeutenden Namen der Kunst, ist genau das, was wir uns von einem modernen Museum wünschen: Transparenz, Dialog und eine Neugier, die Besucher:innen einbezieht. Es geht nicht darum, fertige Antworten zu präsentieren, sondern Fragen zu stellen und die Kunst für alle zugänglich zu machen.
Ein Jahresprogramm, das uns begeistert
Das Jahresprogramm 2026 ist thematisch dicht und kuratorisch sorgfältig aufgebaut.
Max von Moos neu entschlüsselt: Der Auftakt mit Max von Moos, einem Meister des Schweizer Surrealismus, verspricht, sein bekanntlich düsteres Werk neu zu beleuchten und überraschend heitere Facetten zu zeigen. Die «Aufschlüsselung» anhand zentraler Themen (formal, kunsthistorisch, Selbstbefragung) öffnet neue Perspektiven, ohne das Geheimnis der Werke ganz zu lüften.

Träumende Dinge: Künstlerinnen im Fokus: Ein starkes Signal sendet die Sommerausstellung «Träumende Dinge», die Künstlerinnen wie Heidi Bucher, Miriam Cahn und Meret Oppenheim ins Zentrum rückt. Die Auseinandersetzung mit Körpern und Objekten, die neue Bedeutungsebenen erhalten, ist hochaktuell und zeigt, wie lebendig die Sammlung ist, auch wenn sie historisch von männlichen Positionen geprägt war.

Chamber, Chamber: Zeitgenössische Positionen: Mit Kyra Tabea Balderer und Raphael Egil folgt im Herbst ein spannendes «Kammerspiel der Bilder» im Dialog mit der Sammlung. Das Spiel mit Referenzen, Wiederholung und Transformation greift die Idee des dialogischen Museums perfekt auf.

Das Kunsthaus Zug Schaudepot als lebendiger Ort: Auch das Kunsthaus Zug Schaudepot im KunstCluster Zug auf dem historischen V-Zug-Areal wird bespielt. Nach der monumentalen Installation «The Tennis Game» von Ilya & Emilia Kabakov, die noch bis Juni 2026 zu sehen ist, wird der Zuger Künstler Markus Kummer die Bestände neu inszenieren. Sein archäologischer Blick auf Materialien und Räume verspricht überraschende Einblicke in die eingelagerten Schätze.
Fazit
arttv.ch sieht im Jahresprogramm vom Kunsthaus Zug einen starken, selbstbewussten Schritt nach vorne. Wir sind gespannt, welche Geschichten dieses Haus in Zukunft schreiben wird und sind überzeugt: Mit den kommenden Ausstellungen wird die Zuger Institution eine noch präsentere Rolle als bisher in der Schweizer Museumslandschaft einnehmen.
