Die Ausstellung «Neue Kollektion – Die Sammlung wächst» macht kürzlich erworbene Werke fürs Publikum sichtbar. Ausserdem: Die Ausstellung «Alles fliesst» zeigt, welche Wege Künstler*innen fanden, das bewegte Element Wasser zu meistern.
Kunstmuseum Thurgau | Alles fliesst | Neue Kollektion - Die Sammlung wächst
Dies ist gute Kunst - oder? Anhand der neu beschafften Werke der letzten drei Jahre lädt das Thurgauer Kunstmuseum zu einer Debatte ein.
Ausstellung als «Spitze des Eisbergs»
Vielleicht 300 Werke zeigt die aktuelle Ausstellung «Neue Kollektion» in der Kartause Ittingen. Das ist nur gerade ein Prozent der gesamten Sammlung: Diese umfasst rund 30000 Werke – Druckblätter, Gemälde, Fotografien, Skulpturen. «Wir zeigen hier nur die Spitze des Eisbergs», sagt Museumsdirektor Markus Landert. Anhand der jüngsten Neuanschaffungen wolle man zur Auseinandersetzung mit der Frage anregen, was gute Kunst sei. Erwartungsgemäss liefert die Ausstellung darauf keine simple Antwort. Sie zeigt aber auf, wie vielfältig das aktuelle zeitgenössische – und übrigens auch regionale – Kunstschaffen ist: Die von einer Kommission ausgewählten Werke stammen von Künstler*innen mit mindestens losem Bezug zum Kanton Thurgau. Zu sehen sind Gemälde, Fotografien, aber auch Objekte, Installationen und Videos.
Was bleibt?
Welche Werke die Rezipienten dauerhaft als relevant bewerten, wird sich letztlich im Laufe der Zeit herausstellen. Die Ausstellung «Neue Kollektion» ist somit auch Teil dieses Prozesses: Nur jene Werke, die als Eisbergspitze in der Ausstellung auftauchen, haben somit Gelegenheit, quasi die Herzen des kunstaffinen Publikums zum Schmelzen zu bringen oder die Betrachter eben auch kalt zu lassen. Die übrigen 99 Prozent der Sammlungswerke bleiben vorerst unsichtbar. Nicht geschafft in eine der aktuellen Ausstellungen in Ittingen hat es beispielsweise Willi Oertigs «Schiff, Lago Maggiore» (siehe Videobeitrag). Laut Direktor Landert gehört es zu jenem weiteren kleinen Teil des Bestands, das weder im Museum ausgestellt wird noch im Archiv lagert, sondern in den Räumen der öffentlichen Verwaltung hängt oder steht. Fest steht, dass die Sammlung laufend wächst. Dies dank Fördergeldern aus dem Lotteriefonds, welche das ordentliche Ankaufsbudget seit 2012 ergänzen.
Schwierig zu fassendes, geheimnisvolles Element
Parallel dazu kann man derzeit im Thurgauer Kunstmuseum in der Kartause Ittingen weitere Werke aus der Kollektion sehen. «Alles fliesst» rückt die Darstellung des Wassers in den Fokus. Anhand des Themas wird sichtbar, wie sich die Darstellungsweise des bewegten Elements im Lauf der Zeit entwickelte. Und dass sich die Aufmerksamkeit der Künstler mit den Jahrzehnten verschob. Highlight: Eine Tropfeninstallation von Roman Signer. Bei dieser fallen Wassertropfen in ein Wasserbecken, welches sich in einer abgedunkelten Holzkabine befindet. Eine Glühbirne leuchtet von unten auf die Wasseroberfläche. Der Lichtschein wirft die Erschütterungen der Wasseroberfläche als Schattenprojektion an die Holzwände der Kabine. Das erinnert an Platons Höhlengleichnis. Laut Museumsdirektor Markus Landert kann man die Installation zudem als Kommentar zur heutigen Mediengesellschaft lesen – welche die Welt weitgehend nur über mediale Abbildungen erlebt.
Wasser in vielen Formen
Als Anfang der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Element Wasser definiert die Ausstellung ein romantisches Werk – ein tosender Rheinfall von Johann Heinrich Wüest, gemalt an der Wende zum 19. Jahrhundert. Ausserdem zu sehen sind Werke weiterer Künstler*innen. Lisa Schiess untersucht mit ihren Pinselmalereien das Fliessen der Farbe auf der Fläche, Doris Naef holt das Schimmern einer Teichoberfläche mit einer Kombination von Fotografie und Druck in den Museumsraum. Daneben spüren Dieter Berke, Martha Haffter, Simone Kappeler, Willi Oertig und andere mit unterschiedlichen Mitteln der Präsenz von Wasser in Bildern nach.