Science meets imagination, culture meets existentialism. Kurt Vonnegut hat das in seinem 1959 publizierten Roman «The Sirens of Titan» exemplarisch durchgespielt – ein winziges Artefakt prägt die gesamte menschliche Zivilisationsgeschichte, gestaltet scheinbar sinnvolle Realitäten und Wahrheiten. «R.A.W. or the sirens of Titan» zeigt künstlerische Interventionen, die Zeitgeschichte, die Geschichten des Denkens und der Sinne, in Form, in Töne, in Licht, in Poesie, in Bilder, in Leben verwandeln.
Kunstmuseum Appenzell | Kunsthalle Ziegelhütte | R.A.W. or the sirens of Titan
Der Ohnmacht des Augenblicks die Macht des Schöpferischen entgegenstellen: Zehn Künstlerinnen erschaffen autonome «Raumbilder».
Künstlerische Gegenentwürfe
Die Ausstellung «R.A.W», inspiriert von dem 1959 von Kurt Vonnegut publizierten satirisch-absurden Anti-Kriegs-Roman «The Sirens of Titan», lässt existentielle poetische Stimmen gegen den Unsinn der Zeitgeschichte erklingen. Mit über 90 Werken (Malerei, Video, Plastik, Textarbeit, Fotografie, Sound, Performance, Installation) zeigen die Künstlerinnen, dass die Welt keineswegs so angenommen werden muss, wie sie gerade erscheint. Realität, Artefakt und Wahrheit verbinden sich in den künstlerischen Interventionen zu einem Gegenentwurf zu den traurigen Bildern der Gegenwart, als würde diese von dem Jupitermond Titan aus betrachtet und gedeutet werden. Jede der Künstlerinnen reflektiert und transformiert die Vielschichtigkeit der Welt – und obwohl die Kunst sicher nie den Planeten, geschweige das Menschsein reparieren kann, kann sie kraft der ästhetischen Imagination jene geistige und emotionale Synthese in Gang setzen, die den Erlebnissen Sinn und Sinnlichkeit verleiht.
Kopfreisen, Erinnerungsräume und Schwarze Löcher
Das reicht von den filmischen Kopfreisen Judith Alberts, der wehrhaften Selbstbehauptung Miriam Cahns, den kosmisch-poetischen Ahnentafeln Valérie Favres bis zur subtilen Synästhesie, die von Asi Föcker in Gang gesetzt wird. Agnès Geoffrays Monument für alle vergangenen und kommenden (Geschlechter-) Kriege zeugt ebenso von einem körperlichen Geschichtsbewusstsein wie Roswitha Gobbos Konzentration auf den Gehörsinn und das Selbstgefühl oder Martina Morgers Inszenierung des Kunstortes als Speicher kultureller Erinnerungen. Diana Micheners wüste Landschaftsträume sind ebenso intensiv wie Birgit Widmers nur scheinbar sanften Wortgewebe – alles zusammengehalten von Suzanne Treister, deren Entfesselungskünstler selbst die Schwarzen Löcher zum Nährboden des zukünftigen Lebens werden lässt.
Text: Kunstmuseum Appenzell, Kunsthalle Ziegelhütte