Während in Politik und Gesellschaft heiss über männlichen Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe diskutiert wird, scheint es auch für die Kunst höchste Zeit, ihre Geschlechterrollen zu überdenken. Das Kunst Museum Winterthur durchleuchtet die eigene Sammlung kritisch auf männliche Projektionen des Weiblichen und stellt diese gekonnt mit zeitgenössischen Künstlerinnenpositionen in Frage.
Kunst Museum Winterthur | Reinhart am Stadtgarten | Women
"Müssen Frauen nackt sein, um ins Museum zu kommen?" fragten die Guerilla Girls 1989. Das Kunst Museum Winterthur schliesst sich der Frage an.
Darstellung von Frauen in der Kunst
Seit jeher waren Frauenbilder hauptsächlich Vorstellungen männlicher Künstler, geschaffen für ein (vorwiegend) männliches Kunstpublikum. Die Darstellung der Frau unterlag einem dezidierten Kanon von Stereotypen, die die gesellschaftlichen Konventionen der Zeit widerspiegeln und demnach das jeweilige ästhetische Ideal dokumentieren: Maria oder Muse? Heilige oder Femme fatale? Zwischen derart klischierten Vorstellungen pendelte das Frauenbild in der Kunst während Jahrhunderten. So hat sich von den Altmeistern über Pierre Bonnard und Félix Vallotton bis weit ins 20. Jahrhundert hinein eine weitgehend männlich geprägte Perspektive auf die Frau erhalten. Diesen stereotypen Konzepten männlichen Wunschdenkens standen historisch nur wenige Bildfindungen von Künstlerinnen gegenüber.
Aufbruch durch Zeitgenössische Künstlerinnen
Seit den 1960er Jahren begann sich dieses Missverhältnis zu wandeln: als Gegenbild zu den eindimensionalen Rollenzuweisungen haben zeitgenössische Künstlerinnen wie Pipilotti Rist, Sylvie Fleury und Candice Breitz entscheidende Beiträge zur Formulierung eines neuen lustvollen weiblichen Menschenbildes geschaffen. Ihre Arbeiten machen deutlich, dass die Auseinandersetzung mit dem Bild des Weiblichen grundlegende Fragen der Konstituierung von Identität berühren, die im zeitgenössischen Diskurs von zentraler Bedeutung sind. Die thematische Präsentation Women folgt keiner strengen Chronologie, sondern bringt über Stile, Gattungen und Epochen hinweg unterschiedlichste Frauendarstellungen in einen spannungsreichen Dialog: Von der stolzen Bürgersfrauen bis zu den lasziven Aktmodellen des 20. Jahrhunderts – aufgemischt durch starke Interventionen zeitgenössischer Künstlerinnen.
Werke u.a. von Bartholomäus Bruyn, Meister vom Heiligen Blut, Arnold Böcklin, Pierre Bonnard, Candice Breitz, Edgar Degas, Anselm Feuerbach, Sylvie Fleury, Nan Goldin, Anton Graff, Pieter de Hooch, Aristide Maillol, Adolph Menzel, Pipilotti Rist, Louis-Léopold Robert, Olga Titus, Henri de Toulouse-Lautrec, Fritz von Uhde, Félix Vallotton und Edouard Vuillard