Zwei Künstlerinnen aus verschiedenen Generationen beschäftigen sich mit extremen physischen und psychischen Zuständen: Glück und Verzweiflung, Zärtlichkeit und Gewalt, Verführung und Missbrauch.
Helmhaus ZH | Schifferle-Gerhard
Klaudia Schifferle
Der Titel «sumsum im universum» von Klaudia Schifferles Ausstellung deutet auf ein scheinhaftes Wesen hin, das schwerelos durchs Universum gleitet.
«es scheint so», der Titel von Tatjana Gerhards Ausstellung, weist auf die Doppelbödigkeit von scheinbaren Gewissheiten hin. Schweben und Verweisen: Beide Künstlerinnen lassen sich nicht festmachen, schlagen Haken und setzen Masken auf.
«sumsum im universum» ist die erste grössere Einzelausstellung von Klaudia Schifferle im institutionellen Rahmen seit 2004. Nach unruhigen Jahren in der Zürcher Bewegung, nach internationalem künstlerischem Ruhm, nach schrillen Auftritten mit den legendären Bands Kleenex und Liliput zog Klaudia Schifferle 1988 zuerst nach Mailand und anschliessend 1991 ins Tessin, wo sie inmitten einer reichen Vegetation sich in Ruhe ihrer Arbeit widmete. Seit ihrer Rückkehr nach Zürich 2002 erfindet sie sich nun abermals neu.
Klaudia Schifferle malt und zeichnet, plastiziert und dichtet in einem Atelier in der Roten Fabrik in Zürich. Die Vielfalt der parallel entstehenden Werkgruppen ist erstaunlich, ja verblüffend: Man kann sich kaum vorstellen, dass die ausgestellten Werke alle von ein und derselben Person stammen. Dieses multiple, wandelbare Wesen ist zugleich entschlossen und verletzlich, mutig und scheu, erfahren und jung. Und immer bereit, sich selbst, die eigenen Empfindungen und das Gegenüber, sei es ein Fabeltier oder eine Pfütze, vorbehaltlos anzuschauen und zu respektieren.
Tatjana Gerhard
Wo Klaudia Schifferle sich von einer dunklen, von Kobolden und mehräugigen Gnomen bewohnten Gegend entfernt, geistern in Tatjana Gerhards Welt skurrile Geschöpfe umher. Zwischen Tagtraum und Albtraum changierende Dramen gerinnen in Gerhards Ölmalerei zu zweideutigen Schlüsselmomenten. Maskiert und entblösst zugleich, finden sich ihre Figuren auf bühnenhaftem Gelände exponiert wieder. Wie weit die Reflexionsfähigkeit dieser Figuren reicht, bleibt verstörend unklar. Kindhaftes und Greises verschmilzt, Macht kippt in Ohnmacht und wieder zurück, physische und psychische Gewalt begegnen sich.
Die archaische Emotionalität, eine nach aussen gestülpte Isolation: Die Abgründigkeit von Gerhards Bildern berührt uns alle an wunden Punkten. Die Künstlerin mit kroatischen Wurzeln ist im Wallis aufgewachsen, lebt in Dübendorf und ist dabei, nach Gent (Belgien) umzuziehen. Die Präsentation im Helmhaus Zürich ist ihr erster grösserer Auftritt in einem institutionellen Rahmen.