Foto- und stumme Filmarbeiten regionaler, nationaler und internationaler Kunstschaffender wurden nachts auf Wände im öffentlichen Raum projiziert. Neun Kunstschaffende haben im Austausch mit den Kuratorinnen ortsspezifische Arbeiten entwickelt und luden zum nächtlichen Flanieren im Stadtteil St.Fiden ein: Je drei Projektionen waren beim Silberturm und bei der Primarschule Grossacker zu sehen. Drei weitere Projektionen waren im umliegenden Wohnquartier zu finden.
Die Stadt als Projektionsfläche
Die fünfte Ausgabe der stadtprojektionen verwandelte das nächtliche St.Gallen in einen Ausstellungsraum.
Kunstschaffende
Zilla Leutenegger, Guy Ben Ner, Noha Mokhtar, Luisa Zürcher, Ilana Harris-Babou, Mélodie Mousset, Regula Engeler, Elisabeth Nembrini, Alexandra Bondi de Antoni
Regula Engeler begegnet der glatten Oberfläche des Silberturms mit üppiger, bunter Vegetation. Zu sehen ist ihre Fotoserie mit dem Titel Flowers from the past (no linear time) auf der erhöhten Plattform des Einkaufszentrums. Die Künstlerin arbeitet mit analogen Mehrfachbelichtungen. Blumen aus ihrem Garten oder in der Halbwildnis gepflückte kommen – in unterschiedlichsten Stadien von Aufblühen, Strahlen, Verwelken und Absinken – übereinander zu liegen. Es entstehen farbliche Verfremdungen, seltsame Wirklichkeiten.
Bauten im Fokus
Der Silberturm ist schillernd und verströmt eine raumfahrerische Atmosphäre. 1973 bis 1977 errichtet, kam mit ihm ein neuer städtebaulicher Massstab nach St.Fiden. Die Anlage – sie besteht aus einem 12-stöckigen Turm und einem weitläufigen Einkaufszentrum im Bereich des Sockels – hat etwas Futuristisches: ein ellipsenförmiges Ufo, das abhebt oder in den Äther sendet, gehüllt in Aluminiumpaneele und mit abgerundeten Fenstern. Dieser grössere Massstab kommt bei insgesamt drei öffentlichen Anlagen zum Tragen, die sich in unmittelbarer Nähe zueinander befinden: einmal in der Horizontalen mit der Primarschule Grossacker (Ende der 1950er-Jahre), einmal in der Vertikalen mit dem silbernen ‹Techie›-Turm, dazwischen das Evangelische Pfarrheim mit dem Kirchturm aus Béton brut (1954).
stadtprojektionen befassen sich mit der Wahrnehmung des Stadtraums, insbesondere bei Nacht, und animieren zu neuen Blicken. Die sorgfältig auf die jeweilige Umgebung abgestimmten Projektionen wirken in den Tag nach und regen zum Nachdenken über die Stadt an – in Bezug auf ihre Geschichte und Gegenwart, auf architektonische, kulturelle und soziale Dimensionen. 2016 initiiert, verbindet stadtprojektionen verschiedene Interessen der beiden Kunsthistorikerinnen Anna Vetsch und Nina Keel – an Fotografie und Film, am öffentlichen Raum sowie an der Geschichte der Stadt St.Gallen. Mit der ersten Ausgabe von 2016 bespielte stadtprojektionen die Innenstadt mit neun sowie im Folgejahr das umtriebige Linsebühl-Quartier mit vierzehn Projektionen. Mit der dritten Ausgabe wagte sich stadtprojektionen wieder in ein neues Gebiet vor – ins multikulturelle Quartier Lachen. Danach folgte eine Ausgabe fernab der Stadtlichter, in kompletter Dunkelheit, im Naherholungsgebiet Dreilinden. Auch die stadtprojektionen V finden im öffentlichen Raum statt. Das Projekt ist gratis und gleichwohl für Anwohnende, Stadtbewohner:innen sowie für auswärtiges Publikum entwickelt.
(Textgrundlage: stadtprojektionen)