Die religiöse Gemeinschaft, die sich «Psychosophische Gesellschaft» oder auch «Abtei Thelema» nannte, grenzte sich streng von den Bürgern Steins ab, geriet in den 1970er Jahren durch mehrere Boulevardartikel in Verruf, und verfiel daraufhin langsam. Statt wild religiöser Orgien, zeichnete sie sich jedoch eher durch Kleinbürgerlichkeit und Machtgebaren aus. Ein abstruses Kapitel Appenzeller Geschichte, dessen Überbleibsel nun im Volkskunde-Museum zu sehen sind.
Appenzeller Volkskunde-Museum Stein | Tu was du willst - Sinnsuche in Stein
«Die Höherentwicklung des Menschen» war das Lebensziel einer okkulten Gemeinschaft, die am Ortsrand von Stein lebte. Daraus wurde nichts.
Gemeinschaft Thelema
Im Archiv der Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden lagern unter der Bezeichnung «Collectio Magica et Occulta» gut 8500 Bücher und unzählige merkwürdige Dokumente und Objekte. Diese Sammlung ist der Nachlass einer fleissigen Gemeinschaft, die während gut fünfzig Jahren in Stein AR lebte, betete und arbeitete: Die Kerngruppe rund um den narzisstischen Gründer Hermann Metzger betrieb eine Wetterstation und eine Druckerei, hielt Bienen, stellte Schwedenbitter her, nähte Gewänder, bastelte liturgische Gegenstände, schrieb Aufsätze und erforschte unterschiedlichste Weisheitslehren. Vor allem aber verprasste Metzger das Geld ihrer Mitglieder.
Medienskandal
Die Gemeinschaft kapselte sich von ihrer nächsten weltlichen Umgebung ab, unterhielt aber Beziehungen zu Gleichgesinnten weit über die Landesgrenzen hinaus. Das teils als sonderbar und elitär wahrgenommene Benehmen weckte Fantasien von geheimen okkulten Messen bis «füdliblutten» Tänzen im Garten ihres Hauses. Diese Projektionen erreichten den Höhepunkt in einer Medienkampagne und endlosen juristischen Briefwechseln.
Erstmals zugänglich
Zum ersten Mal ist nun ein Teil der Sammlung öffentlich zu sehen. Gut 250 Objekte und Fotografien zeigen die Hingabe und Leidensfähigkeit sowie intellektuelle und soziale Bezugspunkte dieser Gruppe. Mittels Audioaufzeichnungen und Videointerviews kommen ehemalige Mitglieder, Zugewandte und Aussenstehende zu Wort. So fügt sich ein beeindruckendes Zeugnis von Wahnhaftigkeit und Leichtgläubigkeit und einem Sektenführer, der sämtliche Mitglieder zu seinen Zwecken emotional und finanziell ausbeutete und mit seiner Sekte und dem Alkoholismus zugrunde ging.