s vielfältige Kunst, die sich zwischen Installation, Skulptur, Fotografie, Zeichnung, Schrift und Klang bewegt, vermittelt mitunter intensive Erfahrungen von Leben und Tod. Dies zeigt sich dann besonders deutlich, wenn der Künstler ganz unmittelbar der eigenen Sterblichkeit nachspürt, indem er mit Still Alive seinen Schädel als Totenkopf reproduziert und damit seinen Tod antizipiert.
Aargauer Kunsthaus | Kris Martin
Die erste Retrospektive des Künstlers verdeutlicht die formale Vielgestaltigkeit seiner Arbeitsweise.
Kirchenglocke ohne Klöppel
Kris Martin stellt die Frage nach der Flüchtigkeit und Zerbrechlichkeit des Lebens in Bezug auf sich selbst und wendet sich zugleich immer an den Betrachter. Die Ausstellung enstand in Kooperation mit dem Künstler sowie dem Kunstmuseum Bonn und der Kestnergesellschaft in Hannover. Kris Martin befragt die kulturellen Bedingungen, die uns umgeben. Er bezieht sich dabei auf Literatur- und Kunstgeschichte und stellt durch die Einbettung christlicher Ikonografie nicht zuletzt auch Fragen nach den heutigen Möglichkeiten von Religion und Spiritualität. Ein beeindruckendes Beispiel hierfür liefert sein Werk For Whom, eine grosse Kirchenglocke, die – weil ihr der Klöppel fehlt – auch in Bewegung keinen Klang erzeugt. Der Anblick dieses schwingenden und dennoch stumm bleibenden christlichen Symbols für Gemeinschaft irritiert und wirkt gleichzeitig befreiend. Trotz der symbolischen wie auch melancholischen und romantischen Komponente sind Martins Werke frei von Pathos, jedoch oft von einem skeptischen Humor durchdrungen.
Sammler und Sezierer
Weniger Schöpfer denn Sammler und Sezierer, benutzt Martin – nebst Objekten, die er aufwändig produzieren lässt – häufig Fundstücke, denen bereits eine Geschichte eingeschrieben ist. Als zentrale Arbeitsstrategie löst er sie nicht nur aus ihrem ursprünglichen Kontext, sondern entfernt mit Präzision und Originalität wesentliche Informationen. Er denkt die Dinge quer, überlagert sie, verschiebt sie in ihrer Dimension, so dass neue Lesarten entstehen. Der Betrachter wird irritiert und motiviert, die Leerstellen mit eigenen Erfahrungen zu füllen, das Fragment weiterzudenken und zu vervollständigen. Martins Werke führen die Fantasie des Betrachters über eine rational ausgedeutete, begrenzte Welt hinaus und sprechen ihn in der Flüchtigkeit und Zerbrechlichkeit seines eigenen Lebens an.