Aus der heutigen Kunstwelt sind Werke im XL-Format nicht mehr wegzudenken. Doch welche Funktion kommt der Grösse eines Kunstwerks eigentlich zu? Was geschieht mit den Betrachtenden, wenn sie plötzlich Werken von gigantischem Ausmass gegenüberstehen? Und ist grösser immer auch gleich besser? Oder soll die das schiere Ausmass nur überwältigen und andere Schwächen überdecken. Können Publikum und Werk sich noch auf Augenhöhe begegnen?
Aargauer Kunsthaus | Big Picture
Von schierer Grösse und dem grossen Ganzen: «Big Picture» präsentiert viele raumgreifende Arbeiten. Grosses kann sich aber auch im Kleinen zeigen.
Grösser = besser?
Es könnte fast ein billiges Rezept sein: nimm irgendwas, bilde es riesengross ab, und schon ist es Kunst. Wandfüllende Gemälde, überlebensgrosse Skulpturen und Installationen, die ganze Räume einnehmen machen Eindruck. Aber wird damit nicht auch Bedeutung und Qualität vorgegaukelt, die gar nicht immer gegeben ist?
«gross» auch in übertragenem Sinne
Anhand von Werken aus der hauseigenen Sammlung des Aargauer Kunsthauses soll diesen Fragen nachgegangen werden. Dafür werden einerseits Arbeiten gezeigt, die allein aufgrund ihrer Dimensionen als Grossformate gelten. Andererseits werden auch Arbeiten präsentiert, die zwar weniger Fläche oder Volumen aufweisen, aber im übertragenen Sinne als gross bezeichnet werden können: Denn «Big Picture» kann auch «das grosse Ganze» im Sinne eines Gesamtbildes oder eines Überblickes meinen.
Duchamps Miniaturmuseum
In der Bildenden Kunst ist dafür Marcel Duchamps «Boîte en valise»(1935 – 1941) eines der prägnantesten Beispiele: In einem aufklappbaren Kofferobjekt versammelt der französische Künstler 69 Reproduktionen seiner Werke, wodurch er sein eigenes Miniaturmuseum kreierte. Solche konzeptuellen Ideen des Big Pictures treffen in der Ausstellung auf tatsächlich grosse Arbeiten. Da sind die monochromen Ölgemälde (1980) von Marcia Hafif oder «42 flachen Arbeiten» (1987– 1990) von Adrian Schiess. Aus vielen Einzelteilen setzen sich die Fotografieinstallationen von Fiona Tan oder Hannah Villiger zusammen, während Christian Philipp Müller in seinem gross angelegten Forschungsprojekt «Tour de Suisse» (1994) die Schweizer Museumslandschaft erkundet. Raumgreifend ist auch Markus Raetz’ «Chambre de Lecture» (2013 – 2015), vor dem die Besuchenden einen Moment innehalten und sich mit Phänomenen ihrer eigenen Wahrnehmung auseinandersetzen können.
Gouache auf Wasserfarbentabletten
Dass Grosses auch im ganz Kleinen entstehen kann, zeigt die zwölfteilige Serie «Mémoire de paysage» (2004 – 2005) von Michel Grillet. Mit Gouache auf Wasserfarbentabletten zeichnet der Künstler Sternenhimmel und Bergpanoramen auf winzigen Einzelstücken. Die Ausstellung Big Picture setzt sich aus Werken aus der Sammlung des Aargauer Kunsthauses zusammen und wird punktuell mit Leihgaben ergänzt.