Robin Ziehbrunner fand seine Liebe zum Musical im Alter von fünf Jahren, als sein Vater die CD von «Tanz der Vampire» mit nach Hause brachte. Der 28-jährige Zürcher spricht im Interview über seine Leidenschaft, warum er seine Ausbildung an der Stage School in Hamburg absolvierte, die Herausforderungen des Show-Business und warum sich der Weg trotzdem lohnt.
Traumwelt Musical - Robin Ziehbrunner
- Publiziert am 2. Dezember 2025
Mit seinen 28 Jahren ist der Schweizer Robin Ziehbrunner bereits ein erfahrener Musicaldarsteller. Seine Reise begann vor acht Jahren an der Stage School in Hamburg, wo er seine Ausbildung mit Auszeichnung beendete. Seitdem hat der vielseitige Künstler in zahlreichen Bühnenproduktionen wie The Rocky Horror Show, Best of Musicals von Wacky Productions und Ludwig II sein Talent unter Beweis gestellt aber auch auf Kreuzfahrtschiffen wie der Artania die Welt kennen gelernt.

Robin, erinnern Sie sich noch an den einen Moment in Ihrer Kindheit, der Ihre Liebe zum Musical entfacht hat?
Als ich fünf Jahre alt war, brachte mein Vater die CD von «Tanz der Vampire» mit nach Hause. Ich durfte sie allein abspielen und tat das immer wieder. Ich spürte den unbändigen Wunsch, irgendwann wie der Sänger, der den Grafen von Krolok spielte, zu singen oder diese Rolle zu spielen. Dieser Wunsch hat mich seitdem nicht mehr losgelassen.
Sie haben Ihre Ausbildung in Hamburg an der Stage School gemacht, obwohl Sie in der Schweiz geboren sind. Was hat Sie damals dort am meisten beeindruckt?
Die Stage School hat in der Schweiz für ihre Workshops geworben, und es gab zu dem Zeitpunkt bei uns keine spezifische Musicalausbildung. Ein erster, halbprofessioneller Workshop in Zürich hat mich bestärkt, den Weg nach Hamburg zu gehen. Die Ausbildung war zwar teuer, aber meine Eltern haben mich finanziell unterstützt. Besonders in der Corona-Zeit war das eine grosse Hilfe, als alle Theaterjobs wegfielen.
Die Musicalbranche ist hart und Ablehnungen sind Teil des Geschäfts. Wie gehen Sie mit dem Frust um, wenn Sie eine Rolle nicht bekommen?
Ich gebe mir ein oder zwei Tage Zeit, um den Frust zu verarbeiten. Er kommt aus Wünschen, Ängsten und der Energie, die man investiert hat. Im ersten Moment nimmt man eine Absage persönlich und fragt sich, ob man nicht gut genug war. Ich weiss aber, dass es oft typabhängig ist und nichts mit dem Können zu tun hat. Eine Absage bedeutet nicht, dass man schlecht ist, sondern dass man für die nächste Rolle vielleicht wieder in Betracht gezogen wird. Es liegt in meiner Macht, mich als Künstler weiterzuentwickeln, nicht aber die Entscheidung der anderen.
Es scheint, als wären Sie in einem Umfeld von gegenseitiger Solidarität. Trotzdem gibt es im Theaterbereich oft Konkurrenzdruck und Neid, besonders bei Frauen, wegen der geringeren Anzahl an Hauptrollen. Haben Sie das auch erlebt?
Ich habe Konkurrenz hauptsächlich während der Ausbildung erlebt, als man sich um die besten Plätze und Rollen für schulinterne Produktionen bemühte. Danach habe ich die Solidarität in den Teams sehr geschätzt. Bei Auditions spürt man den Druck natürlich. Aber wenn ich einen Job habe, bin ich entspannt. Die Konkurrenz unter den Frauen kann ich nachvollziehen, da es historisch bedingt weniger Hauptrollen für sie gibt. Das ändert sich aber glücklicherweise in modernen Stücken wie “Six”.
Kommen wir zu einem anderen Thema. Musicaldarsteller ist ja eher ein frauendominierter Beruf. Warum sollten sich Ihrer Meinung nach junge Männer für diesen Beruf entscheiden?
Das ist eine Frage von Angebot und Nachfrage. Wenn du ein Mann bist, die nötigen Fähigkeiten mitbringst und Musical liebst, hast du gute Chancen. Die Branche braucht dich!
Was hilft Ihrer Meinung nach, die Karriereleiter zu erklimmen?
Finanzielle Unterstützung ist wichtig, um sich weiterzubilden, vor allem für Newcomer. Auch ein Mentor ist essenziell. Ich habe seit acht Jahren denselben Gesangslehrer, der mir hilft, meine Stimme schonend zu trainieren. Wir sind wie Leistungssportler. Auch mein Agent ist ein wichtiger Mentor. Er bringt mich nicht nur voran, sondern lehrt mich auch, das Business zu verstehen und meinen Marktwert zu steigern.
Wie sieht ein typischer Tag im Leben eines Musicaldarstellers aus?
Einen typischen Tag gibt es nicht, da wir jobgebunden arbeiten. Ob auf Tournee oder in einer Festanstellung, die Abläufe sind unterschiedlich, aber intensiv. Auf Tournee reise ich oft lange an, mache mich mit der Location vertraut und koordiniere mich mit den Kollegen. Nach dem Soundcheck und dem Schminken habe ich ein kleines Ritual, um mich zu erden, bevor die Show beginnt. Nach dem Auftritt helfen wir beim Abbau, fahren zum Hotel und reflektieren den Abend, bevor wir uns ausruhen.
Das klingt nach einem sehr anstrengenden Beruf. Was ist Ihr Tipp an junge Menschen, die davon träumen, auf der Musicalbühne zu stehen?
Hinterfrage dich immer, ob du noch mehr aus dir herausholen kannst. Glaube nicht, dass du schon angekommen bist, denn du bist es nie – und das ist das Tolle daran. Es ist Arbeit, aber wenn man diese Leidenschaft hat, lohnt es sich.
Welchen Bezug haben Sie zur Schweizer Musicalszene?
Als Jugendlicher begeisterten mich mehr die internationalen Künstler:innen. Zwar ist die Schweiz musicalbegeistert, doch internationale Stars bringt sie selten hervor. Sandra Studer (ESC-Moderation) oder Fabienne Louves haben aber allemal das Potenzial. Die in der Schweiz aufgewachsene Phillipina Mae Anne Jorolan, eine international gefeierte Hauptdarstellerin und frühere WG-Mitbewohnerin von mir, ist ein weiteres Beispiel. Auch talentierte Männer gibt es genug, doch deren Fokus bleibt oft national.
Zieht es Sie zurück in die Schweiz?
Meine Jugendfreundschaften bestehen weiter, und ich wäre gerne öfter hier. Das Schweizer Publikum ist zudem sehr begeisterungsfähig. Beruflich locken die Bühnen von St. Gallen, Zürich, Basel und ganz besonders die herrliche Seebühne in Thun, die internationalem Top-Standard entsprechen. Ich träumte schon als Jugendlicher davon, selbst auf der Bühne einer der genannten Theater zu stehen – nun arbeite ich daran, diesen Traum zu verwirklichen.
Wir danken Ihnen ganz herzlich für das Interview und wünschen für Ihre weitere Karriere alles Gute.



