«Parsifal» muss wehtun! Wagners glühende Musik schwelgt in der unendlichen Melodie, die nie abbricht.
Theater Basel | Parsifal
Zum Stück
PARSIFAL, das letzte Bühnenwerk Wagners, fügt sich nahtlos in sein Schaffen ein. Die Thematik des Erlösungsgedankens, welcher seit seinem FLIEGENDEN HOLLÄNDER sein Werk und seine (zum Teil kruden) Philosophien durchzogen hatte, wird in dieser Oper nochmals in aller Deutlichkeit veranschaulicht: Die Erlösung des Menschen von seinen Sünden durch eine von Mitleid erfüllte, reine Seele. Hier ist es Parsifal, der reine Tor, welcher durch Mitleid wissend wird. Nach dem Willen Wagners (und vor allem seiner zweiten Frau Cosima) sollte PARSIFAL ausschliesslich in Bayreuth gespielt werden dürfen. Doch die Metropolitan Opera verletzte den Urheberrechtsschutz bereits 1903 mit einer szenischen Aufführung in New York. 1913 lief die offizielle Schutzfrist aus. Cosima kämpfte vergeblich um eine Verlängerung. Das Opernhaus Zürich zeigte die erste legitime und vollständige Aufführung ausserhalb Bayreuths. Musikalisch gehört Wagners Partitur zum Erhabensten, was der Komponist geschaffen hatte.
art-tv Wertung
Wagners Schwanengesang PARSIFAL überzeugend, stimmig und packend auf die Bühne zu bringen gehört zu den grössten Herausforderungen eines Inszenierungsteams. Axel Kober und das Sinfonieorchester Basel werden den gewaltigen Ansprüchen der Partitur weitgehend gerecht. Der Orchesterklang ist zwar streckenweise eher breit und vor allem im ersten Akt sehr getragen angelegt, doch dynamisch so subtil abgestuft, dass die Sängerinnen und Sänger nicht zu forcieren brauchten, das Gesamtklangbild bleibt überaus ausgewogen. Schon beinahe als exemplarisch darf man die Diktion der Sänger bezeichnen: Der Blick auf die Übertitel erübrigte sich meist. Liang Li gestaltet einen wunderbar warmstimmigen Gurnemanz, Alfred Walker singt eindrücklich den leidenden Amfortas, Stefan Stoll ist ein herrlich grossspuriger, sich, seine Macht und seinen Sex Appeal grandios überschätzender Klingsor (in weissen Socken, Metzgerschürze und Adiletten). Die stärksten Momente kommen jedoch von Kundry und Parsifal: Usula Füri-Bernhard versteht es sowohl die Mark und Bein durchdringenden Schreie der wilden Heidin, als auch die verführerischen Kantilenen der begehrenden Frau mit erregender Intensität auszudrücken. Rolf Romei ist nur schon von seiner blendenden Erscheinung her ein geradezu idealer Darsteller des tumben Toren, der zum strahlenden Erlöser mutiert. Nur mit weisser Unterhose bekleidet dringt der attraktive, langhaarige Jüngling ins Reich der verqueren Sekte ein, sein mit grosser Unschuld präsentierter, muskulöser Körper wird jedoch bald von Guremanz mit einem Mantel bedeckt, um auch ja niemanden in Versuchung zu führen … . Doch auch stimmlich ist Rolf Romei mit seinem hell timbrierten, sauber intonierenden Tenor ein vortreffliches Rollendebüt geglückt! Man darf gespannt sein, ober er sich noch zu Parsifals Sohn Lohengrin weiterentwickeln wird! Fazit Augen zu – Ohren auf!
Für art-tv.ch & oper aktuell: Kaspar Sannemann